taz.de -- UN-Mission im Kongo: Unruhige Zeiten für die Blauhelme
Die UN-Mission im Kongo muss zugleich kämpfen, umziehen und sparen. Im UN-Sicherheitsrat steht jetzt ihre Verlängerung an.
KAMPALA taz | Der UN-Sicherheitsrat entscheidet am Donnerstag über die Verlängerung der UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo (Monusco). Sie ist mit einem Jahresbudget von rund 1,5 Milliarden Dollar und knapp 20.000 Blauhelmen die aufwendigste UN-Mission weltweit.
Seit vielen Jahren hagelte es Kritik an der UN-Mission im Herzen Afrikas. Zum ersten Mal war jedoch im vergangenen Jahr eine neue UN-Eingreiftruppe (FIB) mit robustem Angriffsmandat in den Wäldern des Ostkongo gegen Rebellen aktiv und erfolgreich. Sie besiegte die Tutsi-Rebellen der M23 (Bewegung des 23. März), die Ende 2013 nach Uganda flohen.
Derzeit gibt die FIB der kongolesischen Armee Rückendeckung gegen die ugandische Rebellengruppe ADF (Allied Democratic Forces). Und jetzt soll auch die ruandisch Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) gejagt werden.
Bislang wurden UN-Blauhelme nur halbherzig auf Straßen und Ortschaften in Richtung und innerhalb des FDLR-Gebiets im Ostkongo stationiert, um Zufahrtswege zu sichern. Auch ein Ultimatum zur freiwilligen Entwaffnung hatte der deutsche Monusco-Chef Martin Kobler den Hutu-Kämpfern gesetzt.
Aber jetzt muss auch etwas gegen die FDLR geschehen. Darauf haben sich die Staatschefs der Regionalinstitution ICGLR (Internationale Konferenz der Großen Seen), die Kongo und seine Nachbarn vereint, am Dienstag in Angolas Hauptstadt Luanda geeinigt.
Die ICGLR empfiehlt jetzt dem UN-Sicherheitsrat in Bezug auf die FDLR, „dringend militärische Aktionen gegen diejenigen einzuleiten, die nicht entwaffnet werden wollen“. Es geht um schätzungsweise 1.000 bis 2.000 Milizionäre. FDLR Übergangspräsident Victor Byiringiro hat zwar erklärt, seine Truppen hätten „die Waffen niedergelegt“. Doch die UNO bezweifelt dies.
In New York wird auch über die Verlängerung des Mandats der UN-Eingreiftruppe FIB entschieden, die von Südafrika, Tansania und Malawi gestellt wird. Die Entscheidung scheint bereits gefallen: Südafrikas Präsident Jakob Zuma hat schon am Dienstag die Entsendung seiner Soldaten in den Kongo verlängert.
Dennoch ändert sich vieles für die Monusco im Kongo: Auf Wunsch von Präsident Joseph Kabila zieht der Großteil der UN-Mitarbeiter derzeit von Kongos Hauptstadt Kinshasa nach Goma im Ostkongo. Das hat Vorteile, weil im Osten die meisten Blauhelme stehen, doch logistisch ist der Umzug aufwendig.
Zugleich muss die UNO im Kongo sparen, denn die UN-Mission im Südsudan wird aufgestockt – zwei UN-Hubschrauber wurden bereits vom Kongo in den Südsudan verlegt –, und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon will eine große UN-Mission in der Zentralafrikanischen Republik.
27 Mar 2014
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Mit Uniformen von Kabilas Präsidialgarde wollten ukrainische Piloten angeblich daheim „auf die Jagd“ gehen. Jetzt sitzen sie in Goma unter Arrest.
Was empfindet ein UN-Soldat, der beim Morden zusehen muss? In Ruanda oder in Srebrenica? Unserer Autorin haben sich viele Soldaten anvertraut.
Bundespräsident Gauck wird heftig dafür kritisiert, dass er den „Griff zur Waffe“ nicht ausschließen will. Die Kritik ist falsch. Und kann tödlich sein.
Die ruandische Hutu-Miliz FDLR lässt im Ostkongo ein paar Kämpfer kapitulieren. Damit schützt sie sich vor UN-Militärschlägen.
Die ruandische Hutu-Miliz im Kongo will sich unter Obhut des südlichen Afrika begeben, damit Ruandas Regierung mit ihr redet. Zugleich führt sie aber weiter Krieg.
200 Menschen sollen in der vergangenen Woche im Südsudan getötet und weitere 400 verletzt worden sein. Übers Radio liefen Aufrufe zu Vergewaltigungen.
Kongo-Brazzaville weist zu Tausenden Illegale aus dem benachbarten Kinshasa in ihre Heimat aus. Die Operation artet in Gewalt und Willkür aus.
12.000 Soldaten sollen ab September im Krisenland für Stabilität sorgen. Die von Frankreich vorgelegte Resolution wurde vom UN-Sicherheitsrat angenommen.
In Brüssel tagt derzeit der EU-Afrika-Gipfel. Der Kommandeur der EU-Truppe in der Zentralafrikanischen Republik erklärt, was er vorhat.
Mit unbemannten Aufklärungsflugzeugen wollte die UN-Mission im Kongo die Grenzregionen im Osten überwachen. Jetzt ist die erste kaputt.
Die M23-Rebellen sind besiegt, UN-Chef Martin Kobler und Armeechef François Olenga haben dem Staat Beine gemacht. Die Zukunft des Landes ist unklar.
Martin Kobler leitet seit fünf Wochen die größte UN-Mission der Welt. Im taz-Interview fordert er eine „entschlossenere Politik“ gegen Kriegsverbrecher.
Der nächste Chef der weltgrößten UN-Mission wird ein Deutscher. Das wird spannend. Denn die UNO fährt ihr Kongo-Mandat gerade gegen die Wand.