taz.de -- Kommentar Militäreinsatz in Syrien: Das Erbe der Feindschaft

Uneinigkeit zwischen Deutschland und Frankreich würde die ohnehin schon zerstrittene EU schwächen. Und die uralte Erbfeindschaft stärken.
Bild: Lieber zusammen jaulen, als einsam heulen: französische und deutsche Wölfe in einem Zoo

Der Einsatz der Bundeswehr in Syrien ist nicht nur eine Frage der Strategie bei der Bekämpfung des „Islamischen Staats“. Es handelt sich auch um einen Lackmustest der deutsch-französischen Freundschaft. Denn ganz unabhängig davon, ob die Tornado-Flüge nun sinnvoll, unsinnig oder gar gefährlich sind – eine Zurückweisung der Bitte von FrançoisHollande wäre ein Bruch der guten Beziehungen zwischen Paris und Berlin.

Aktuell käme dies einer Schwächung der ohnehin schon zerstrittenen EU gleich. Die Akzeptanz deutscher Außenpolitik hält sich infolge der Unnachgiebigkeit im Falle Griechenlands und des Alleingangs Merkels in der Flüchtlingsfrage ohnehin schon in gewissen Grenzen. Man kann das in Kauf nehmen, sollte sich später aber nicht darüber wundern, wenn des Bild des hässlichen Deutschen in Europa weiter Karriere macht.

Historisch betrachtet geht es um mehr. Mancher mag sich angesichts der Solidaritätsadresse der Bundesregierung nach den Terrorattacken von Paris an die Treueschwüre Gerhard Schröders nach den Anschlägen von New York und Washington erinnert fühlen. Diese Analogie führt jedoch in die Irre. Das transatlantische Verhältnis hatte Höhen und Tiefen, aber es gab niemals eine auch im Volk verankerte Erzfeindschaft.

Frankreich dagegen, das war über weit mehr als 100 Jahre der Bösewicht, „wo jeder Franzmann heißet Feind“, wie es Ernst Moritz Arndt ausdrückte. Diese Erbfeindschaft hat Millionen Menschen das Leben gekostet und beide Völker mit nationalistischen Phrasen die Hirne vernebelt. Die Überwindung mag heute selbstverständlich sein. Aber sie ist gerade einmal 50 Jahre alt.

Wer der Meinung ist, dass der Bundeswehreinsatz in Syrien falsch ist – und vieles lässt in der Tat an dessen Sinnhaftigkeit zweifeln –, muss deshalb nicht seine Überzeugungen leugnen. Aber es wäre angemessen, den politischen Schaden einer Ablehnung nicht leichtfertig zu leugnen.

30 Nov 2015

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Klaus Hillenbrand

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