taz.de -- Steueroasen der reichen Deutschen: Fortgeschrittene flüchten persönlich

Weniger abenteuerlustige Millionäre als Monsieur Depardieu ziehen mit ihrem Geld in die Schweiz oder nach Österreich. Das ist weniger exotisch, aber sicher.
Bild: Was? In der Schweiz gibt es keine Rennen. Super, muss ich ja keine Steuern zahlen.

BERLIN taz | Die Deutschen sind bekanntlich eine Nation von Schnäppchenjägern, auch in Steuerangelegenheiten. Anfänger verlagern wenigstens ihr Vermögen in die Schweiz oder in eine liechtensteinische Stiftung. Die Fortgeschrittenen lassen es nicht bei der Kapitalflucht bewenden, sondern flüchten persönlich.

Einige der reichsten Einwohner der Schweiz sind daher gar keine Schweizer. Der reichste von ihnen kommt aus Schweden. Ikea-Gründer Ingvar Kamprad profitiert wie viele Superreiche von einer Schweizer Spezialität, der Pauschalbesteuerung: Ausländer, die in der Schweiz leben, aber nicht arbeiten, müssen keine Steuern auf ihr Einkommen zahlen, sondern auf ihre „Lebenshaltungskosten“.

Außerhalb der Schweiz erzielte Einkünfte bleiben außen vor. Der Steuersatz beträgt bis zu 22 Prozent – statt einem Spitzensatz von 45 Prozent in Deutschland (der sogenannten Reichensteuer) und 56,4 Prozent in Schweden. Auch eine ganze Reihe von Deutschen sind daher in die Schweiz ausgewandert, so zum Beispiel Molkereibesitzer Theo Müller und Michael Schumacher.

Der Rennfahrer zog vor Jahren in eine exklusive Residenz am Genfer See. Er gilt den dortigen Finanzbehörden als beschäftigungslos, weil es in der Schweiz ja keine Formel-1-Rennen gibt.

Die FAZ schätzte vor einigen Jahren, dass der Weltmeister von seinem geschätzten Jahreseinkommen von 150 Millionen Euro weit weniger als zehn Prozent als Pauschalsumme an den Schweizer Fiskus abführte. Seinen Bruder Ralf zog es nach Österreich, wo er offenbar mit dem Finanzministerium Sonderkonditionen aushandeln konnte.

Monaco und Österreich

Bei der Besteuerung reicher Ausländer orientiert sich Österreich an den Steuersätzen des vorherigen Heimatlandes. Und das war in Schumachers Fall die Steueroase Monaco. „Das Problem ist, dass das nicht jeder machen kann. Das wirkt sich negativ auf die Steuermoral der anderen aus“, kommentierte damals Karl-Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler.

Kleiner Nachteil dieser Strategie: Als Steuerflüchtling muss man seine Zeit mehrheitlich in der neuen Wahlheimat verbringen. Das schafft oft nicht einmal ein zeitlich flexibler Freiberufler wie Boris Becker, der nach Monaco ausgewandert war. Er wurde wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Becker zog inzwischen in die Schweiz um.

Gérard Depardieus Flucht aus Frankreich zeigt erneut, wie schwer es für Staaten wird, ihre Einnahmen erhöhen, um ihre Schuldenberge abzutragen und für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen. So viel ist klar: Steuergerechtigkeit lässt sich nur erreichen, wenn die Steueroasen konsequent bekämpft werden.

Richtigstellung:

Auf [1][www.taz.de] vom 4.1.2013 war unter der Überschrift „Fortgeschrittene flüchten persönlich“ zu lesen:

„Bei der Besteuerung reicher Ausländer orientiert sich Österreich an den Steuersätzen des vorherigen Heimatlandes. Und das war in Schumachers Fall die Steueroase Monaco. „Das Problem ist, dass das nicht jeder machen kann. Das wirkt sich negativ auf die Steuermoral der anderen aus“, kommentierte damals Karl-Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler. Reinhold Würth, milliardenschwerer Besitzer einer Schraubenfirma und vorbestrafter Steuersünder, entschied sich seinerseits für einen 'Altersruhesitz' im schönen Salzburg – mit dem hübschen Nebeneffekt, die deutsche Erbschaftsteuer zu umgehen.“

Das ist falsch: Reinhold Würth hat seinen Erbschaftssteuerwohnsitz zur Zeit in Deutschland. Seine Erben werden nach deutschem Recht erbschaftssteuerveranlagt werden.

Die Redaktion

4 Jan 2013

LINKS

[1] /

AUTOREN

Nicola Liebert
Nicola Liebert

TAGS

Steueroasen
Michael Schumacher
Millionäre
Schweiß
Monaco
Österreich
Gérard Depardieu
IWF
Ikea
UBS
Reichensteuer
Steuerflucht
Monaco
Wien
SPD
Schweiß
Migration
Gérard Depardieu
Wladimir Putin
Obelix
Steuerabkommen

ARTIKEL ZUM THEMA

Währungsfonds zu Vermögensabgabe: Her mit der Kohle

Der IWF prüft, wie man Reiche bei der Konsolidierung der Haushalte beteiligen könnte. Die Idee: eine Einmalzahlung in Höhe von 10 Prozent.

Ingvar Kamprad verlässt die Schweiz: Ikea-Gründer hat Heimweh

Ingvar Kamprad zieht zurück aus der Schweiz in seine Heimat Schweden. Dort wird dann jährlich etwa eine seiner 85 Million Euro ans Finanzamt gehen.

Ermittlungen gegen Schweizer UBS-Bank: „Illegale Kundenwerbung“

Die Staatsanwaltschaft in Paris hat gegen die Schweizer UBS-Bank ein Ermittlungsverfahren eröffnet. Die Großbank soll Kunden mit illegalen Konten gelockt haben.

Managergehälter in Frankreich: Grenzenlos kassieren

Frankreichs Regierung will Managergehälter doch nicht begrenzen. Stattdessen sollen Millioneneinkommen mit einer Reichensteuer belegt werden.

Steuerflucht: Investmentfeuerwerk aus Barbados

Globale Großkonzerne lassen sich häufig in Kleinststaaten nieder. Der geringe Steuersatz hilft ihnen die Umsatzsteuer in ihren Heimatländern zu hinterziehen.

Wahl in Monaco: Opposition erringt haushohe Mehrheit

Wer hätte es gedacht: Auch Monaco hat ein Parlament. Die Wahl am Sonntag gewann die Opposition. Und die Partei der Croupiers kämpft für die Straffreiheit von Abtreibungen.

Wiener Opernball: „Nur eine Marketing-Strategie“

Es ist das Ballereignis des Jahres in Österreich. Aber auch die Deutschen schauen hin. Warum eigentlich? Wir haben zwei Wiener dazu befragt.

Wahlkampf der Sozialdemokraten: SPD will Steuersünder hart bestrafen

Kanzlerkandidat Steinbrück setzt im Wahlkampf auf das Thema Steuergerechtigkeit. Geplant sind längere Verjährungsfristen und verstärkte Steuerfahndung.

Steueroasen weltweit: Die Schweiz wäscht weißer

Die Schweizer Standards gegen Steuerflucht genügen nicht den Standards der OECD. Besser stehen Luxemburg und Liechtenstein da.

Lohn von Migranten in Deutschland: Ein Drittel weniger als die Kollegen

Migranten verdienen beim Start ins Berufsleben deutlich weniger als ihre deutsche Kollegen. Ihre Qualifikation passt oft nicht ins deutsche Anforderungsprofil.

Auch Brigitte Bardot will Russin werden: Auf Depardieus Spuren

Reichensteuer, Elefantenmord: Frankreichs Kulturelite ergreift die Flucht. Nach Gérard Depardieu will jetzt auch noch Brigitte Bardot Russin werden.

Kommentar Depardieu wird Russe: Dann geh doch nach Moskau

Wie üblich kennt der Obelix-Darsteller und Putin-Bewunderer Depardieu weder Maß noch Rücksicht. Nach Russland ziehen wird er trotzdem nicht.

Gérard Depardieu wechselt Nationalität: Obelix bei den Russen

Es reicht. Gérard Depardieu hat die Schnauze voll. Der Schauspieler gibt seinen französischen Pass ab und wird Russe. Die spinnen, die Gallier.

Schweizer Steuerabkommen abgelehnt: Schäuble blitzt im Bundesrat ab

Der Bundesrat hat das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz abgelehnt. Nun kann Finanzminister Schäuble (CDU) noch den Vermittlungsausschuss anrufen.