taz.de -- Kommentar Teherans rote Linie: Iranische Zerreißprobe

Der Iran ist der engste Verbündete Syriens. Ein Angriff machte es für Präsident Rohani noch schwieriger, sich dem Westen anzunähern.
Bild: Hassan Rohani wird es innenpolitisch schwer haben, einen Versöhnungskurs zu fahren

Die Ankündigung der USA und ihrer europäischen Verbündeten, militärisch in Syrien zu intervenieren, stellt den neu gewählten iranischen Präsidenten Hassan Rohani auf eine harte Probe. Auf der einen Seite geht es um höchst wichtige außenpolitische Interessen Irans im Nahen Osten, auf der anderen Seite um die angestrebte Verständigung mit dem Westen, insbesondere im Atomkonflikt.

Iran ist der engste Verbündete Syriens, nicht aus Nachbarschaftsliebe, sondern aus Eigeninteresse. Syrien ist für den Iran die wichtigste Brücke zu den arabischen Staaten, zur libanesischen Hisbollah, den palästinensischen Gruppen und schiitischen Minderheiten in den Golfstaaten.

Syrien bildet eine wichtige Säule in der außenpolitischen Architektur. Fiele das Assad-Regime und kämen die Radikalislamisten an die Macht, wäre dies ein harter Schlag gegen die gesamte Architektur der iranischen Außenpolitik.

Die iranischen Streitkräfte, insbesondere die Revolutionsgarde mit ihrer Abteilung für Auslandseinsätze, al-Ghods, sind seit Jahren auf diese außenpolitische Strategie eingestellt. Es ist kein Geheimnis, dass sie im syrischen Bürgerkrieg aktiv sind und das Assad-Regime nicht nur finanziell, sondern auch militärisch unterstützen.

Folgerichtig warnte der Stellvertreter des Oberkommandierenden der iranischen Streitkräfte, General Massud Dschasajeri, die USA, die „rote Linie“ in Syrien zu überschreiten. Eine militärische Intervention würde „schwere Folgen“ für Washington haben.

Eines dürfte aber auch klar sein: Sollte der Iran direkt oder über die Hisbollah mit Vergeltungsschlägen gegen US-Stützpunkte oder Israel reagieren, müsste er seinerseits mit militärischen Antworten des Westens rechnen.

Die Drohungen der Militärs stehen allerdings nicht in Einklang mit der Harmonie, die Präsident Rohani in den Beziehungen zu den USA anstrebt. So äußerte er sich moderat „sehr besorgt“ über die Lage in der Region und verurteilte „entschieden“ den Einsatz chemischer Waffen weltweit.

Für den Iran ist eine Versöhnung mit dem Westen existenziell wichtig. Die iranische Wirtschaft ist wegen der harten Sanktionen in einem katastrophalen Zustand.

Rohani muss die Militärs und die radikalen Kräfte bändigen, um seinen außenpolitischen Kurs fortsetzen zu können. Sollte ihm das nicht gelingen, wäre sein Scheitern schon besiegelt.

29 Aug 2013

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Bahman Nirumand

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