taz.de -- Kommentar Syrien und Iran: Militärschlag gegen Atomverhandlung
Die bevorstehende Bestrafung des Assad-Regimes wird die Verhandlungen mit dem Iran zurückwerfen. Dieser Aspekt wird in der Debatte unterbelichtet.
Die USA und Großbritannien sind scheinbar wild entschlossen, den syrischen Präsidenten Assad militärisch zu bestrafen. Sie glauben, er sei für den Angriff verantwortlich, bei dem nahe Damaskus am 21. August 2013 Tausende Opfer chemischer Gifte wurden.
Diskutiert wird über die politischen und militärischen Risiken, die damit verbunden sind. Wie groß ist die Gefahr, dass erneut ein Krieg aufgrund falscher Geheimdienstannahmen geführt wird? Würde der Westen nicht unwiderruflich in den syrischen Krieg und dessen Eskalationsmechanismen hineingezogen? Entsteht ein Flächenbrand?
So wichtig diese Fragen auch sind, es geht um Aspekte der militärpolitischen Logik. Nicht diskutiert wird, welche Chancen politischer Konfliktlösung durch einen Militärschlag verloren gehen oder zerstört werden könnten. Was wird zum Beispiel aus den neuen Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern? Oder noch wichtiger: Was wird aus dem eskalationsträchtigsten Konfliktthema der letzten Jahre – dem Streit um das iranische Atomprogramm?
Innerpolitische Widerstände
Der neue iranische Präsident Hassan Rohani hat signalisiert, in dieser Frage einen anderen Kurs fahren zu wollen als sein Vorgänger Ahmadinejad. Um zu zeigen, dass es ihm damit ernst ist, braucht er Zeit.
Er muss innenpolitische Widerstände der von seinem Vorgänger geschaffenen Machtstrukturen überwinden. Der Iran unterstützt Assad seit Jahren. Davon kann Rohani kaum abrücken. Mehr noch: Ein westlicher Angriff auf Syrien dürfte den Widerstand gegen einen kompromissbereiteren Ansatz Rohanis im Nuklearstreit erheblich stärken.
US-Präsident Obama würde also mit der Entscheidung, militärisch gegen Syrien vorzugehen, indirekt auch die Entscheidung treffen, den Nuklearstreit mit Teheran einen großen Schritt näher an einen Krieg heranzuführen. Nolens volens.
28 Aug 2013
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