taz.de -- Kommentar EU und Griechenland: Gebt Athen mehr Zeit!

Hoch gepokert, nichts erreicht: Am Scheitern der Verhandlungen mit der EU ist Griechenland nicht allein schuld. Die EU muss sich bewegen.
Bild: Hart geblieben: Janis Varoufakis.

Fast möchte man den griechischen Finanzminister Jannis Varoufakis nach seinem ersten Auftritt in der Eurogruppe beglückwünschen. Während auf dem Athener Syntagma Tausende gegen die EU-Austeritätspolitik demonstrierten, verteidigte Varoufakis standhaft die Position der neuen griechischen Regierung: Keine Verlängerung des laufenden EU-Hilfsprogramms, keine Fortsetzung des neoliberalen Spar- und Reformkurses.

Alles richtig und doch nicht genug. Denn die Eurogruppe erwartet von Varoufakis und seinem Premier Alexis Tsipras keine Negativliste, sondern konkrete Vorschläge für den Weg nach vorn. Und da enttäuschte der Starökonom. Er hatte weder einen Zehnpunkteplan für Reformen in der Tasche, wie es vorab in Athen geheißen hatte. Noch konnte er ein alternatives Finanzierungskonzept für die fälligen griechischen Schulden vorweisen.

Das wird ihm nun vorgehalten – zu Recht. Wer einen Politikwechsel fordert, muss auch sagen, wie er aussehen soll und wie er sich finanzieren lässt. Diese Kritik gilt aber genauso für Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Ihre Politik ist in Griechenland krachend gescheitert – an der Realität (der Schuldenberg wächst unvermindert weiter) und an den Menschen (sie haben den alten Kurs abgewählt).

Auch Dijsselbloem und Schäuble müssten daher einen alternativen Plan vorlegen. Es reicht nicht, auf dem aktuellen Hilfsprogramm zu beharren und gebetsmühlenartig dessen Verlängerung zu fordern. Gerade Schäuble sollte dies wissen. Schließlich war er es, der beim letzten Eurogruppen-Treffen im Dezember den Widerstand der damals noch konservativen griechischen Regierung brach. Die wollte das Programm nämlich auch nicht verlängern.

Berlin mauert unverdrossen

Dass der aktuelle Hilfsplan am 28. Februar ausläuft, ist eine rein politische Entscheidung. Sie war vor der Wahl in Griechenland getroffen worden, um der neuen Regierung die Pistole auf die Brust zu setzen. Sie sollte nicht die üblichen 100 Tage Zeit bekommen, um sich zu finden – sondern schnell einlenken. Nun sitzt die Eurogruppe selbst in der Falle.

Schon beim nächsten regulären Treffen am kommenden Montag soll eine Entscheidung fallen. Doch darauf sind nach dem Scheitern am Mittwoch weder Athen noch Brüssel vorbereitet. Selbst die Experten der Eurogruppe sind ratlos. Es wird daher wohl nichts anderes übrig bleiben, als weiter zu pokern – und die Entscheidung zu verschieben.

Tsipras und Varoufakis haben dies bereits vorgeschlagen. Erst im Sommer wollen sie ihr Zukunftskonzept vorlegen. Bis dahin suchen sie eine Brückenfinanzierung. Wenn die Eurogruppe klug ist, wird sie Griechenland diese Brücke bauen. Der EU-Gipfel am Donnerstagabend könnte dazu den Weg ebnen. Allerdings spricht wenig dafür, dass es so kommt.

Vor allem Berlin mauert. Dort spricht man weder von Alternativen noch von Kompromissen, sondern immer nur von Regeln und Programmen. Das macht wenig Hoffnung.

12 Feb 2015

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Eric Bonse

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