taz.de -- EU-Gipfel in Brüssel: Im Schuldendrama drängt die Zeit

Griechenlands Regierungschef Tsipras einigt sich mit der EU auf Expertengespräche vor dem nächsten Finanzminister-Treffen. Ende Februar läuft das Rettungspaket aus.
Bild: Die Zeit drängt: Nun ist auch Alexis Tsipras zu Kompromissen bereit

BRÜSSEL ap/rtr | Im griechischen Schuldenstreit gibt es wieder zaghafte Annäherungsversuche. Beim EU-Gipfel in Brüssel einigten sich die Athener Führung und ihre Europartner auf Expertengespräche vor dem nächsten Treffen der EU-Finanzminister.

Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras zeigte sich zuversichtlich, dass dann kommende Woche ein „für beiden Seiten akzeptabler“ Deal erzielt werden könne. Der Hoffnungsfunke sprang auf die Börse in Athen über. Sie schloss am Donnerstag mit einem Kursanstieg von rund 6,7 Prozent.

Im Schuldendrama drängt die Zeit: Das Rettungspaket für Griechenland läuft schon Ende Februar aus. Nach dem Brüsseler Gipfel mit den Staats- und Regierungschefs bekräftigte Tsipras das Bestreben seiner Regierung, ein neues Überbrückungsprogramm zu erzielen. So könne sich sein Land in den kommenden Monaten über Wasser halten und einen Ausstieg aus dem Euro verhindern. Zudem werde seine Regierung weitere Strukturreformen gegen Steuerflucht, Korruption und Klientelpolitik anpacken, versprach Tsipras.

Schon ab dem (heutigen) Freitag kommen griechische Vertreter und ihre Kollegen von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und dem IWF zu Gesprächen über technische Fragen zum aktuellen Rettungspaket zusammen. Deren Erkenntnisse sollen dann in das für kommenden Montag geplante EU-Finanzminister einfließen. Darauf hatten sich Tsipras und Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem geeinigt. Dieser dämpfte jedoch die Erwartungen. „Das wird sehr schwierig“", sagte Dijsselbloem. „Wir sind politisch sehr weit voneinander entfernt.“

„Wir brauchen einen Deal am Montag“, forderte der finnische Ministerpräsident Alexander Stubb mit Blick auf das nächste Treffen der Euro-Finanzminister. Die Zeit wird auch deshalb knapp, weil unter anderem der deutsche Bundestag und das finnische Parlament möglichen Hilfsprogrammen zustimmen müssen. Griechenland muss als Gegenleistung für Finanzhilfen von 240 Milliarden Euro unter anderem seinen Haushalt in Ordnung bringen und Staatsbetriebe privatisieren.

Erstes Treffen ohne Ergebnis

Tsipras traf in Brüssel auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen. Sie begrüßte den 40-jährigen Regierungschef warm und liebenswürdig, obwohl der im Wahlkampf auch Deutschland für das harte Sparen und die schlechte Wirtschaftslage in Griechenland verantwortlich gemacht hatte. Auch Merkel gab sich vorsichtig optimistisch. Europa sei schon immer auf Kompromisse hin ausgerichtet gewesen, sagte sie. Kompromisse würden vereinbart, wenn die Vorteile die Nachteile überwögen. Dafür sei Deutschland bereit.

Ein erstes Treffen der EU-Finanzminister war in der Nacht zum Donnerstag ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Dennoch zeigte sich der griechische Ressortchef nach den Beratungen mit seinen Kollegen alles andere als entmutigt. Eine Einigung beim ersten Treffen habe niemand erwartet, sagte er.

„Wir hatten eine sehr konstruktive und umfangreiche Diskussion über alle Facetten der griechischen Krise und die Art und Weise, mit der die Eurogruppe den Übergang zu einer neuen Phase in der Geschichte der griechischen Sozialwirtschaft erleichtern kann“, bilanzierte er. Es gehe darum, nicht nur die Schuldenkrise, sondern auch die damit verbundene humanitäre Krise der Griechen zu überbrücken.

Tsipras hatte im Wahlkampf versprochen, sich für Veränderungen bei den Sparpolitik einzusetzen. Trotz einer bescheidenen Rückkehr zum Wachstum ist die griechische Wirtschaft in der Krise um 25 Prozent geschrumpft. Armut und Arbeitslosenquote sind deutlich angestiegen. Die Staatsverschuldung steht bei 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Ohne Kredite von außen kann Athen die Schulden nicht bedienen.

13 Feb 2015

TAGS

EU-Finanzpolitik
Schwerpunkt Angela Merkel
Brüssel
Alexis Tsipras
EU-Gipfel
Eurogruppe
Alexis Tsipras
EU
Eurogruppe
Austerität
Yanis Varoufakis

ARTIKEL ZUM THEMA

Schuldenstreit mit Griechenland: Athen bleibt hart

Das Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel endet ohne Einigung. Die griechische Regierung sagt, der Lösungsvorschlag sei „unannehmbar“.

Vor Treffen der Euro-Finanzminister: Griechen räumen ihre Konten

Der griechische Finanzminister Varoufakis hat einen Vier-Punkte-Plan geschrieben. Die Griechen horten derweil ihr Geld. Weitere Privatisierungen stehen auf der Kippe.

Kommentar EU und Griechenland: Gebt Athen mehr Zeit!

Hoch gepokert, nichts erreicht: Am Scheitern der Verhandlungen mit der EU ist Griechenland nicht allein schuld. Die EU muss sich bewegen.

Eurogruppe zu Griechenland: Debatte ohne Ergebnis

Bis in die späte Nacht versuchte die Eurogruppe eine Einigung über Griechenland zu finden. Nun muss am kommenden Montag weiterverhandelt werden.

EU-Krisengipfel zu Griechenland: Berlin misstraut Athen und Brüssel

Von einer fremden Troika will sich Griechenland nicht reinreden lassen. Nennen wir sie doch einfach anders, schlägt die Bundesregierung vor.

Griechenlands Finanzpolitik: Großer Showdown in Brüssel

Janis Varoufakis stellt heute der EU sein Konzept für die Schuldenbewältigung vor. Er soll an einem 10-Punkte-Plan arbeiten, der 70 Prozent der Auflagen akzeptiert.