taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Tod. Tod. Tod
Die „Financial Times Deutschland“ ist großartig, Julia Jäkel hat Humor und Hitler ist krank. Der Tod ist überall, auch in der ARD.
Hallo, taz-Medienredaktion! Ich kann nicht mehr! Dieser November, das Brandenburg unter den Monaten, wie der berühmte Schriftsteller Martin Walser einst vermerkte, macht mich fertig. Tod. Tod. Tod. Wohin man schaut. In der ARD als Programm, am Zeitungsmarkt in echt.
Und das Sterben von FTD und Frankfurter Rundschau ist erst der Anfang. Das geht demnächst holterdiepolter weiter. Wobei ich eines sagen möchte, und ich weiß, wovon ich rede: Die Kolleginnen und Kollegen der FTD waren groß- groß- großartig. Vielleicht nicht alle, Luschen gibt es immer, aber die Redaktion war eine Ausnahmeredaktion.
Wie kaum eine andere hat sie es verstanden, grandiose Headlines zu setzen und Themen jenen Dreh zu geben, der sie aus dem Egal ins Aha! und ins Echt!? hob. Eine Ausnahme auch ihre Fähigkeit, wirklich guten Nachwuchs an Land zu ziehen, aus der Vielzahl der Bewerber jene jungen Menschen für ein Volontariat auszuwählen, die ihre Ausbildung nicht aus dem Moment der Beflissenheit heraus absolvieren, sondern aus dem des eigenen Denkens, des Wagemutes, der Persönlichkeit.
Ich will nicht beurteilen, ob die FTD ein notwendiges Blatt war und ob es nicht eventuell kackegal ist, wenn es diese über Wirtschaft berichtende Zeitung nicht mehr gibt. Es ist mir aber ein Bedürfnis zu sagen, dass da ein Trupp Journalisten in die Wüste und vor allem in einen völlig überladenen Markt geschickt wird, den ziehen zu lassen sich kein Verlag leisten kann. Jedenfalls keiner, der sich als journalistisches Haus versteht und nicht als eines, das „was mit Journalismus“ macht.
Mit Ausrichtung nix zu tun
Geradezu lustig erscheint mir in diesem Kontext, dass Verlagsmanagerin Julia Jäkel im Zusammenhang mit dem Verlust eines der wenigen noch wirklichen journalistischen Erzeugnisse in ihrem Haus – man macht ansonsten Couch, Living at Home, Brigitte und Essen und Trinken – gegenüber der Süddeutschen Zeitung den Spiegel als Produkt erwähnte, das das „journalistische Profil“ des Hauses präge.
Gruner+Jahr ist mit 25,5 Prozent am Spiegel beteiligt, hat mit der inhaltlichen Ausrichtung aber nix zu tun. Womit Frau Jäkels Aussage so ähnlich ist, als wenn ich behaupten würde, ich hielte mich mit Radfahren fit, nur weil ich zweimal im Jahr mit dem Fahrrad zur S-Bahn fahre.
Wie wir alle wissen, hat sich Guido Knopp, der dafür sorgte, dass das Gedenken Adolf Hitlers beim ZDF stets lebendig blieb, auf seinen Ohrensessel zurückgezogen, von dem aus er bei Kaminfeuer die DVD-Sammlung seiner ungezählten Hitler-lässt-mich-immer-wieder-staunen-Machwerke betrachtet.
Die Knopp-Lücke muss gefüllt werden!, wird sich das ZDF gedacht haben und hat eine Dokumentation in Auftrag gegeben, die erkunden soll, wie krank Hitler war. War er nur so lala krank? War er mittel- oder war er schlimm krank? War Knie-Aua sein Problem, ein steifer Arm oder das von der Zeitschrift Stern enthüllte Magendrücken?
Die falschen Journalisten
Diese Fragen, die das Zweite mir endlich beantworten wird, beschäftigen mich fast so sehr wie die, ob die Polizisten, die als Journalisten getarnt bei den Angehörigen der NSU-Mordopfer ermittelten, aufflogen, weil sie zwar eine Schreibmaschine dabeihatten, aber nicht flink tippen konnten? Oder weil sie Probleme mit dem Texteinstieg hatten?
Ich jedenfalls habe mir eine große „Lalü-Lala“-Fahne an mein Fahrrad gehängt und sage, wenn ich etwa rausbekommen will, ob Rudi Assauer sich nicht sein Hirn einfach weggesoffen hat, ich sei ermittelnde Polizistin. Ich finde das die gerechte Antwort auf die Anmaßung der Staatsdiener. Die Lupe für die Spurensuche nach Assauers Hirn polierend, zurück nach Berlin!
28 Nov 2012
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