taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Zeitungskrise? Einfach wegbeten
Der „Journalist“ beweist Gespür für den richtigen Moment. Und Maria Furtwängler zeigt sich in der „Gala“ im BH.
Hallo, taz-Medienredaktion!
Es ist doch alles eine Frage des Timings. Gerade vor Weihnachten. Da zeigt sich, ob man ein gutes Gespür hat. Die Damen und Herren der Anzeigenabteilung vom Journalist jedenfalls haben es. Nur wenige Tage nach Bekanntgabe der Insolvenz der Frankfurter Rundschau und dem Ende der Financial Times Deutschland schalteten sie in der taz eine hübsche, große Anzeige „Schnell und einfach zum Traumberuf“ und versprechen „Mehr als 800 Anzeigen online“.
Denn auch das ist Timing: Wenn allerorten über die Bedeutung dieser ersten überregionalen Zeitungstode diskutiert wird, einen Gegenkurs einzuschlagen. So zu tun, als wenn nichts sei. Ist ja auch nichts. Ein paar hundert Journalisten werden arbeitslos, neue Arbeit gibt es nicht, aber Journalist werden geht „schnell und einfach“.
Das nenne ich nicht zynisch, das nenne ich: Mut machen. Nicht aufgeben. So wie beten, damit kirchliche Kinderficker wieder auf den rechten Weg kommen. Und wer weiß, vielleicht sind die 800 Anzeigen auch welche für Putzjobs, Marktverkäufer oder Restaurantfachkräfte. Zumal eine Schreibmaschine gezeigt wird, kein Computer.
Fotos für die Hälfte aller Zeitschriften
Nicht beten, sondern umziehen tut Maria Furtwängler und hat deshalb rund der Hälfte aller Zeitungen und Zeitschriften ein Foto von sich für den Titel zur Verfügung gestellt. Der Gala auch eines mit BH. So ist das wohl, denke ich mir, wenn Paare auseinandergehen, die offiziell nie auseinandergehen. Dann geht einer so laut und offensichtlich, auf dass niemand auf die Idee kommt, da ginge einer.
Weil ich aber nicht die Bunte bin, das Blatt, das Furtwänglers Mann gehört und über das er gerade ein nicht uninteressantes Buch veröffentlicht hat, sondern in anderer Mission unterwegs bin, interessiert mich weniger, wo Frau F. wohnt, als dass sie dem Spiegel ein Interview gegeben hat, das meine bislang sich auf Höhe des Gala-BHs befindliche Meinung von ihr angehoben hat.
Das muss man ja auch mal kundtun, wenn man sonst verbreitet, dass jemand eine unerträgliche Zicke sein soll, und man der Meinung ist, dass sie nicht spielen kann: Im Spiegel-Interview ist sie so hübsch selbstironisch und gar nicht blöd, dass ich nun gerade zu neugierig geworden bin.
Und, auch das muss ich sagen, ihr Schauspiel ist mittlerweile gar nicht mehr so schlecht. Es ist sogar besser als das von Iris Berben, der anderen „großen Schauspielerin“, bei der man nicht weiß, wie sie zu dieser Bezeichnung gekommen ist. Zweifler schauen sich bitte „Liebesjahre“ an, ein brillantes Vier-Personen-Stück mit drei umwerfend guten Schauspielern und, nun ja, Iris Berben.
Geffken relevant?
Dass heutzutage (Stichwort: Timing) dpa-Meldungen und Nachrichtenjournalismus nicht mehr zusammenpassen, diese spannende Meinung vertritt Michael Geffken, der Leiter der Leipzig School of Media. Noch mal zum Nachhorchen: „dpa-Meldungen“ und „Nachrichtenjournalismus“ passen nicht zusammen.
Geffken sagt: „Für junge Leute ist diese Art des Journalismus schlicht irrelevant.“ Was wohl bedeutet, dass die jungen Leute bei ihm lernen, nur jene Dinge zu verbreiten, die sie selbst erlebt haben. X-Diaries-News. Spannend, spannend!, was da aus Leipzig kommt. Und die jungen Leute erst!, Hamma!
Schön auch die jungen Leute Charlotte Roche und Jan Böhmermann. Die finden nämlich, dass sie und das olle ZDF toll zusammenpassen und setzen ihre Sendung fort. Nun hoffe ich, dass das ZDF drei Euro mehr von meinen Gebühren für die Produktion abzwackt, damit die Gäste nicht immer vom Kölner Bahnhof zu Fuß zum Studio laufen müssen. Hoch erfreut zurück nach Berlin!
12 Dec 2012
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