taz.de -- Menschenrechte in Ägypten: Sexuelle Gewalt und Organhandel

Vor dem Mursi-Besuch in Berlin verlangen mehrere Organisationen die Einhaltung der Menschenrechte im Land am Nil. Beklagt wird religiöse und politische Verfolgung.
Bild: Protestplakat gegen die Politik von Präsident Mohammed Mursi.

BERLIN epd/taz | Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, hat die sexuelle Gewalt gegen Demonstrantinnen in Ägypten kritisiert und einen besseren Schutz der Frauen gefordert.

Bei den Protesten der vergangenen Tage seien mindestens 25 Frauen auf dem Tahrirplatz in Kairo sexuell belästigt worden – in einigen Fällen sei es zu schlimmer Gewalt gekommen. Die Täter kämen meist straffrei davon, erklärte sie am Dienstag. Die ägyptischen Behörden hätten versagt, die Frauen zu schützen.

Nach Angaben des Onlineportals „Egypt Independent“ sollen Frauen in einigen Fällen auch mit Messern verletzt worden sein. Die Staatsanwaltschaft habe zu einem brutalen Übergriff inzwischen Ermittlungen eingeleitet.

Auf dem Tahrirplatz haben demnach am Freitag fünf Jugendliche eine 19-Jährige nach Anbruch der Dunkelheit in der Menschenmenge abwechselnd vergewaltigt. Dann hätten sie ihr Opfer bewusstlos liegen lassen. Die Frau habe schwere innere Verletzungen erlitten.

Flüchtlinge inhaftiert

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl sowie die Grünen-Politiker Tom Koenigs und Volker Beck forderten am Dienstag in Berlin, dass der ägyptische Präsident Mohammed Mursi gegen den Menschenhandel, Lösegelderpressungen und Organhandel auf dem Sinai vorgehe. Zudem müsse die Inhaftierung von Flüchtlingen in Polizeiwachen und Gefängnissen beendet werden.

Präsident Mursi wird an diesem Mittwoch zum Staatsbesuch in Berlin erwartet. Pro Asyl verweist auf Berichte, denen zufolge kriminelle Organisationen Flüchtlingen Organe entnommen haben, um diese an ägyptische Krankenhäuser zu verkaufen. Auch die Bundesregierung erklärte auf eine Kleine Anfrage der Linken, ihr lägen Hinweise auf Entführungen und Organhandel im Norden des Sinai vor.

Schutz der Menschenrechte

Auch die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) fordert die Bundesregierung anlässlich des Mursi-Besuchs auf, stärker auf den Schutz der Menschenrechte in Ägypten zu dringen.

Die Bundesregierung dürfe den Demokratie-Aktivisten in Ägypten nicht in den Rücken fallen, indem sie Mursi wie einen normalen Staatsgast behandle, mahnte Martin Lessenthin, Sprecher der IGFM.

Fouad Ibrahim, Professor und Ägyptenexperte in Bayreuth, beklagte eine wachsende Diskriminierung von religiösen Minderheiten im Land. So sei eine achtköpfige Familie wegen eines viele Jahre zurückliegenden Übertritts zum Christentum zu 15 Jahren Haft verurteilt worden.

29 Jan 2013

TAGS

Ägypten
Menschenrechte
Sexuelle Gewalt
Organhandel
Mohammed Mursi
Tahrir-Platz
Ägypten
Mursi
Guido Westerwelle
Ägypten
Kopten
Revolution
Ausnahmezustand
Ägypten

ARTIKEL ZUM THEMA

Aktionstag gegen Gewalt an Frauen: Die dunkle Seite des Tahrir

Regelmäßig umringen Männergruppen auf dem Tahrirplatz Frauen und vergewaltigen sie. Freiwillige organisieren sich nun um die Überfallenen zu befreien.

Proteste in Ägypten: Folter und Tote

Die Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten fordern in Kairo immer neue Todesopfer. Jetzt ist ein Aktivist an den Folgen von Misshandlungen gestorben.

Mursis Berlin-Besuch: Keine Details

Mursi gibt sich in Berlin als Staatsmann - und prangert bei seinem Besuch auch den Westen an. In Fragen der Religion bleibt er vage.

Mohammed Mursi besucht Deutschland: Es wird ein unbequemer Empfang

Gleich vier Gruppen wollen gegen den Besuch des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi protestieren. Auch Politiker fordern einen kritischen Empfang.

Proteste in Ägypten: Zwei weitere Tote

Trotz der Ausgangssperre haben Ägypter am Montagabend erneut protestiert. Dabei starben zwei Menschen. Die USA verurteilten die Ausschreitungen.

Kopten-Bischof Anba Damian: Hüter der Tradition

Anba Damian ist geistiges Oberhaupt der 6.000 Kopten in Deutschland. In Warnungen vor einer „Christenverfolgung“ mischen sich auch fragwürdige Töne.

Kommentar Ausschreitungen in Ägypten: Mursi braucht eine Vision

Muhammad Mursi kündigt den Notstand an. Doch er muss vor allem auf die Opposition zugehen. Und nach konstruktiven Lösungen suchen.

Ausnahmezustand in Ägypten: Opposition lehnt Dialog ab

Präsident Mursi lädt zu Gesprächen ein und verhängt den Ausnahmezustand sowie eine Ausgangssperre über drei Provinzen.

Schlagloch Ägypten: Heldinnen werden gelöscht

Die Muslimbrüder zensieren jetzt die Schulbücher. Frauen werden aus der Geschichte und dem Gedächtnis gelöscht. Muss ich umdenken?

Afrikanische Flüchtlinge in Ägypten: Hinweise auf Organraub

Afrikanischen Flüchtlingen sollen in Lagern in der ägyptischen Sinai-Wüste Organe entnommen worden sein. Hilfsorganisationen berichten von Leichenfunden in der Wüste.