taz.de -- Bürgerkriege in Afrika: Rebellen fördern ist out

Niemals zuvor gab es so viele Gipfeltreffen. Afrika hat ein Mittel gefunden, mit Bürgerkriegen fertigzuwerden. Vorbild ist Ugandas Präsident Museveni.
Bild: Schon seit 28 Jahren im Amt: Ugandas Präsident Yoweri Museveni.

KAMPALA taz | Quer durch Afrika ist Yoweri Museveni diese Woche gereist, um das Zepter abzugeben. In Angolas Hauptstadt Luanda an der Atlantikküste übergab Ugandas Präsident den Vorsitz der ICGLR (Internationale Konferenz der Region der Großen Seen) an Angolas Präsident José Eduardo dos Santos. Museveni, der nächstes Wochenende sein 28-jähriges Amtsjubiläum feiert, beschließt damit eine Ära, in der er die Weichen für die regionale Integration neu gestellt hat.

Niemals zuvor gab es in Afrika so viele Gipfeltreffen, Regionalorganisationen und Eingreiftruppen. Es scheint, als wollen alle auf allen Partys tanzen. Frisch aus dem Busch, die Uniform abgelegt und geduscht, sitzen Rebellenführer in Anzug und Krawatte am Verhandlungstisch mit Regierungsvertretern im Fünf-Sterne Hotel – wie in Ugandas Hauptstadt Kampala bei den Kongo-Gesprächen, die letztes Jahr den Krieg der M23-Rebellen beendeten, oder in Tschads Hauptstadt Ndjamena, wo vor einer Woche der zentralafrikanische Präsident Michel Djotodia zurücktrat. Oder im Nachtclub, wie momentan bei den Südsudan-Friedensgesprächen in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba.

Bis vor kurzem drehte sich bei solchen Gipfeln vieles um die Demokratische Republik Kongo. Der undurchdringliche Dschungel im Ostkongo ist nach wie ein Zirkus von mehr als drei Dutzend Rebellengruppen, die keine Ruhe geben. Bislang lieferte das Chaos im Kongo den benachbarten Staaten stets Gründe, sich direkt oder via Stellvertreter-Rebellen einzumischen.

Doch das hat sich verändert: Rebellen in Nachbarländern zu unterstützen ist out. Im ICGLR-Rahmen haben alle Nachbarländer des Kongo zugesagt, seine Souveränität zu respektieren, wenn er seine Armee reformiert.

Dort, wo das tropische Afrika ausfranst

Damit ist auch der Rahmen gesetzt, in dem Afrika seine neuesten Bürgerkriege angeht: In der Zentralafrikanischen Republik und im Südsudan. Diese Länder liegen dort, wo das tropische Afrika ausfranst und die Sahelzone beginnt. Sie liegen im Herzen Afrikas, sind aber aus jeder Himmelsrichtung gesehen Peripherie. Ihre staatlichen Institutionen sind schwach, ja oft gar nicht vorhanden.

Die Kommandeure der Seleka-Rebellen der Zentralafrikanischen Republik, die im März 2013 die Hauptstadt Bangui eroberten, wollten auch mal ein Stück vom Kuchen abhaben. Für die tief-christlichen Einwohner Banguis waren die Rebellen mit ihren Kopftüchern und dem Koran am Gewehrgürtel jedoch Fremde, die in Dubai oder Khartum studiert hatten statt in Paris. Der politische Machtkampf entwickelte sich zum Bürgerkrieg entlang der Konfrontation zwischen Christen und Muslimen.

Im Südsudan ist vor einem Monat Afrikas jüngster Staat in die Brüche gegangen. Rebellierende Teile der Armee wollen die Ölfelder unter Kontrolle bekommen. Ugandas Armee hat Soldaten zur Unterstützung der Regierung geschickt, ähnlich wie ugandische Spezialeinheiten bereits in Somalia die islamistische Al-Shabaab Miliz verfolgen.

Für Museveni ist Südsudans Rebellenchef Riek Machar unakzeptabel. Dieser hatte einmal Musevenis Erzfeind aufgerüstet - den mittlerweile in die Zentralafrikanische Republik geflüchteten Chef der LRA (Widerstandsarmee des Herrn), Joseph Kony. Uganda will nicht, dass Kony oder der nördliche Sudan das Chaos im Südsudan ausnutzen.

Im zentralafrikanischen Bangui stehen Truppen aus Burundi, Kamerun, Kongo-Brazzaville und Tschad. Jetzt werden ruandische Soldaten eingeflogen. Auch die Demokratische Republik Kongo will 850 Mann schicken.

Kongo ist Umschlagplatz für Diamanten aus Zentralafrika. Niemand im tropischen Afrika will, dass diese Diamanten über Khartum gehandelt werden. Genauso wichtig ist es den Staaten Ostafrikas, dass Südsudans Öl zukünftig über eine neue Pipeline nach Süden fließt, nach Kenia, nicht mehr nach Norden via Sudan ans Rote Meer.

Militärintervention dient eben auch in Afrika dazu, Handelswege zu verteidigen. Ein solches Interesse wurde auch Tansania nachgesagt, als es zusammen mit Südafrika die mit Ruanda und Uganda verbündeten M23-Rebellen im Kongo bekämpfte.

Rebellen verbrüdern sich untereinander

Angesichts dessen ändern jetzt auch Rebellen ihre Taktiken: Sie hoffen nicht mehr auf Unterstützung von anderen Regierungen, sondern sie verbrüdern sich untereinander. Kongos M23 hat die zentralafrikanische Seleka beraten, wie man in einer Räuberbande Disziplin schafft. Manche Nuer im Südsudan suchen Kontakt zur ugandischen LRA.

Museveni gibt sich gern als Großvater der Region. Ugandas gut trainierte und ausgestattete Spezialeinheiten spielen von der Zentralafrikanischen Republik bis nach Somalia die regionale Feuerwehr. Ihr Kommandant ist Musevenis ältester Sohn Mohoozi Kainerugaba, der auf direkte Befehle des Vaters hört.

Der Terrorangriff der somalischen Shabaab-Miliz auf das Einkaufszentrum Westgate in Kenias Hauptstadt Nairobi im September 2013 hat die Region geschockt: Er zeigte, dass die Kriege jenseits des Vorgartens schnell ins eigene Wohnzimmer getragen werden können. Uganda treibt die Polizei- und Geheimdienstzusammenrbeit voran; als nächstes wollen Ostafrikas Polizeichefs eine Delegation nach Südsudan schicken.

Damit sind erste Schritte hin zu einer Militärkooperation, die ohne außerafrikanische Schirmherrschaft auskommt, getan. Museveni und sein Amtskollege Dos Santos aus Angola – der einzige Staatschef der Region, der noch länger im Amt ist als der Ugander – können zufrieden sein.

18 Jan 2014

AUTOREN

Simone Schlindwein

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