taz.de -- Kolumne Konservativ: Hans-Olaf Henkel erfand Beatles

Ohne den heutigen AfD-Europakandidaten wäre der Erfolg der Beatles ausgeblieben. Da ist zumindest Henkel sich absolut sicher.
Bild: Wo wären sie heute ohne ihn? Paul McCartney und Ringo Starr Anfang 2014 in Los Angeles

Hans-Olaf Henkel hat die Beatles erfunden. Das haben Sie zwar schon im Titel gelesen, aber diese Nachricht ist so bemerkenswert, die kann man ruhig zweimal schreiben.

Wie viele Konservative, so betont auch der Publizist und AfD-Spitzenmann gern, wie unverkrampft er doch sei. Schon in seiner Autobiografie aus dem Jahr 2000 schilderte er Anekdotisches. Etwa, dass seine Mutter ihn, den lang erwarteten Sohn, als Baby auf dem Wickeltisch liebevoll „Schniedel“ nannte: „Zum Abschluss zupft sie mich zärtlich an jenem Teil, nach dem sie mich benannt hat.“ Alte Freunde dürften ihn bis heute so nennen.

Damit Sie diese Information rasch wieder vergessen, leite ich dazu über, wie Henkel Anfang der 60er das Konzert einer kleinen Band aus Liverpool besuchte. Im Interview mit dem Mannheimer Morgen berichtete Henkel 2010: „Als Existenzialist, der ich damals sein wollte, konnte ich mit den sogenannten Halbstarken in den Rock-Clubs auf der Reeperbahn nicht viel anfangen.“ Die Beatles fand er „nicht besser oder aufregender als andere Bands, die aus England kamen“. Dann änderte sich alles.

„Der große Durchbruch“, erzählt Henkel, „hing meiner Erinnerung nach mit der Fotografin Astrid Kirchherr zusammen, in die ich damals verliebt war. Sie bevorzugte allerdings Stuart Sutcliffe. Eines Tages bei einem Fototermin hat sie ihm und mir die Haare geschnitten – ich weiß nicht mehr, wem zuerst. Das waren jedenfalls die ersten Pilzkopf-Frisuren, und die gefielen wohl auch den anderen Beatles. […] Ich bin […] fest davon überzeugt, dass dieses Unterscheidungsmerkmal entscheidend war."

Henkels Optik

Denn "Rocken konnten alle anderen auch, aber sie trugen die üblichen Tollen. Und die ersten Triumphe feierten sie damals als die Pilzköpfe […]. Sie waren plötzlich eine ganz andere Band, keine Halbstarken mehr. Sie hatten die Optik der Existenzialisten.“ Henkels Optik.

Nach seinem Geniestreich hielt sich der Existenzialist im Hintergrund. Nur noch einmal, im Mai 1962, traf er persönlich auf einen Beatle, John Lennon: „Da habe ich mit ihm und Astrid im Star Club ein Bier getrunken und erfahren, dass Stuart Sutcliffe kurz zuvor an einer Hirnblutung gestorben war.“ Jahre später war Henkel einer von 50.000 Zuschauern eines Beatles-Konzerts in New York: „Ich konnte meine US-Freundinnen schwer damit beeindrucken, dass ich die Beatles kannte.“

„Kannte“? Hans-Olaf Henkel hat sich vor mehr als einem halben Jahrhundert von einer Frau, die er gut fand, sie ihn aber nicht so, und die wiederum auf einen Beatle stand, der vorm Aufstieg der Band verstarb, einmal einen Pottschnitt verpassen lassen. Das war Rock-’n’-Roll-Lifestyle.

Die Beatles, mit denen der heute 74-Jährige gesprochen hatte, sind seit Langem tot: Sutcliffe und Lennon. Die Besten sterben nun mal jung. Doch auch nach dem Krebstod George Harrisons 2001 wusste der Mann, dessen Kosenamen Sie sicher bereits vergessen haben, Angemessenes zu sagen: „Bei der Eröffnung der neuen britischen Botschaft in Berlin habe ich damals im kleinen Kreis mit der Queen über Harrison gesprochen.“ Der Monarchin geht es den Umständen entsprechend gut.

18 Apr 2014

AUTOREN

Matthias Lohre

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