taz.de -- Kämpfe in der Ostukraine: Einseitige Waffenruhe

Präsident Poroschenko will einen Friedensplan umsetzen. Die Separatisten lehnen den Vorstoß ab. Über die Gründe der Pipeline-Explosion wird noch spekuliert.
Bild: Sprechen über den Frieden: Petro Poroschenko und Wladimir Putin.

DONEZK/MOSKAU/KIEW afp/dpa/rtr | Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko will schon bald eine einseitige Waffenruhe in der Ostukraine ausrufen. Er wolle einen Friedensplan umsetzen, der „mit meinem Befehl für eine einseitige Waffenruhe beginnt“, sagte Poroschenko am Mittwoch der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine.

Dann müsse die Unterstützung aller Konfliktbeteiligten für seinen Friedensplan eingeholt werden, der unter anderem ein Ende der Kampfhandlungen vorsieht. „Das sollte sehr bald passieren“, sagte der ukrainische Staatschef. Er hatte am Dienstag mit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin über eine Waffenruhe in der Ostukraine beraten.

Die Aufständischen lehnten den Vorstoß des Staatschefs ab. „Sie stellen das Feuer ein, wir geben die Waffen ab und sie schnappen sich uns. Das ist sinnlos“, sagte der Separatistenführer Denis Puschilin.

Russland kritisierte die Initiative als unzureichend. „Wir erwarten einen allumfassenden Waffenstillstand und keine kurze Feuerpause“, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Poroschenko müsse Aufständischen einen Dialog anbieten und nicht deren Kapitulation fordern.

In Russland wurden unterdessen Ermittlungen gegen den ukrainischen Innenminister Aresen Awakow wegen der vorsätzlichen Tötung von Zivilisten aufgenommen. Wie ein Moskauer Ermittlungskomitee am Mittwoch mitteilte, wird auch gegen den Gouverneur der Region Dnipropetrowsk, den Milliardär Igor Kolomoiski, sowie weitere Verantwortliche ermittelt. Ihnen wird demnach vorgeworfen, für die Tötung von Zivilisten und Journalisten sowie weitere Verbrechen wie Entführung im Osten der Ukraine verantwortlich zu sein. Nach Angaben von Ermittlern will Russland internationale Haftbefehle gegen sie beantragen.

Am Dienstag hatte der Tod eines russischen Journalisten bei Kämpfen in der Ostukraine die Spannungen zwischen Moskau und Kiew verschärft. Der Journalist Igor Korneljuk vom russischen Staatsfernsehen geriet nahe der Rebellenhochburg Lugansk unter Beschuss und starb nach Angaben eines Arztes im Krankenhaus. Moskau sprach von einem „weiteren Verbrechen der ukrainischen Truppen“. Das Ermittlungskomitee verwies am Mittwoch auch auf die Tötung eines russischen Menschenrechtlers und eines italienischen Fotografen bei den seit Mitte April andauernden Kämpfen.

Pipeline-Explosion ein Terroranschlag?

Am Rande der Kämpfe kam es zu einer Explosion an einer Leitung für den Export von russischem Gas Richtung Westen. Augenzeugen in der Region Poltawa sprachen von einer rund 200 Meter hohen Flamme, die aus dem Rohr geschossen sei. Dem Leitungsbetreiber Ukrtransgaz zufolge hat der Zwischenfall aber keine Auswirkungen auf den Gasfluss in die EU, da es eine Ersatz-Pipeline gebe. Naftogaz kündigte an, alle Teile des Transportsystems verstärkt zu kontrollieren. „Die Lage ist bedenklich“, sagte Chef Andrej Kobolew.

Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow sagte in Kiew, es gebe Hinweise auf einen terroristischen Akt. Er warf Russland vor, mit Manipulation an der Urengoi-Pomary-Uschgorod-Pipeline „die Ukraine diskreditieren“ zu wollen. Beweise nannte er zunächst nicht.

Experten in Moskau und Kiew haben hingegen Zweifel an einem terroristischen Hintergrund geäußert. „Seit zwei Jahren machen wir auf den technisch erbärmlichen Zustand dieser Pipeline aufmerksam“, sagte der Verwaltungschef der Region Poltawa, Viktor Bugaitschuk. Statt Teile auszutauschen, habe der ukrainische Versorger Naftogaz die Urengoi-Pomary-Uschgorod-Leitung stets nur notdürftig repariert.

Auch der Vizechef des russischen Gazprom-Konzerns, Witali Markelow, äußerte Zweifel an der Darstellung der ukrainischen Regierung, Unbekannte hätten die Leitung mit einem Sprengsatz sabotiert. Die Lieferungen von russischem Gas nach Westeuropa seien von der Panne nicht betroffen, sagte er am Mittwoch der Agentur Interfax in Moskau.

Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk bekräftigte hingegen, er gehe von Sabotage aus. „Seit Wochen gibt es Hinweise, dass der Ruf der Ukraine als Transitland beschädigt werden soll“, sagte er.

18 Jun 2014

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