taz.de -- Kommentar Rüstungspolitik: Effizienz sticht Verantwortung

Die Verteidigungsministerin fordert neue Rüstungsgüter. Will die SPD das verhindern, steckt sie in einem Dilemma, denn es geht auch um Arbeitsplätze.
Bild: Ein skeptisch blickender Gabriel (r.) im Gespräch mit von der Leyen.

Diese erste Runde scheint an die Verteidigungsministerin zu gehen. Die zeigt gerade wieder einmal, wie zielsicher sie die offenen Flanken ihrer Herausforderer ausmacht und strategisch nutzt. Von der Leyen war angezählt, nachdem bekannt geworden war, wie desolat der Zustand der Bundeswehrausrüstung ist.

Auch namhafte SPD-Politiker versuchten die Gunst der Stunde zu nutzen, um die Ministerin zu schwächen. Im Moment sieht es allerdings danach aus, dass nicht die CDUlerin, sondern SPD-Chef Gabriel als moralischer Verlierer aus der Debatte um die Zukunft der deutschen Rüstungsindustrie hervorgehen wird.

Um was es geht: Von der Leyen, ganz effiziente Managerin, will sich aus dem Korsett befreien, die deutsche Rüstungsindustrie durch Subventionen und durch Abnahmegarantien seitens der Bundeswehr in ihrer ganzen Breite zu erhalten. Ihr Argument: Heute sind deutsche Produkte nur noch in wenigen Schlüsseltechnologien zwingend notwendig. In anderen Bereichen könne man nach Preis-Leistungs-Kriterien entscheiden und international auf Einkaufstour gehen.

Argumente, die einen SPD-Politiker in die Bredouille bringen. Denn in der Konsequenz heißt das entweder einen deutlichen Abbau in einer Branche, an der mindestens 100.000 Arbeitsplätze hängen - oder aber mehr Waffenexporte. Genau das aber versprach Gabriel vor der Bundestagswahl zu verhindern und scheint es auch umsetzen zu wollen.

Eine Verteidigungsministerin, die nur an ihr Ministerium denkt, muss sich der moralischen Frage nach Rüstungsexporten nicht stellen. Eine Kanzlerin schon. Es sei denn, sie vertritt die gleiche Haltung wie die amtierende. Die hat mit Waffenexporten kein Problem. Im Gegenteil: Noch nie waren so viele deutsche Waffen in weltweiten Kriegen im Einsatz.

9 Oct 2014

AUTOREN

Ines Pohl

TAGS

Rüstungsindustrie
Bundeswehr
Sigmar Gabriel
Ursula von der Leyen
Rüstungspolitik
Bundeswehr
Rüstungsexporte
Sigmar Gabriel
Bundeswehr
Rüstungspolitik
Kobani
Ursula von der Leyen
„Islamischer Staat“ (IS)
Sigmar Gabriel
Sigmar Gabriel

ARTIKEL ZUM THEMA

Kritik an Bundeswehrreform: „Kein Attraktivitätsgewinn“

Dem Wehrbeauftragten gehen die Reformschritte von Ursula von der Leyen nicht weit genug. Viele angedachte Verbesserungen seien wieder verworfen worden.

Verfahren zu deutschen Rüstungsexporten: Keine Vorabinformationen

Welche Rüstungsgüter Deutschland ins Ausland verkauft hat, erfährt die Öffentlichkeit erst nachträglich. Eine Klage dagegen scheiterte jetzt größtenteils.

Kommentar Rüstungsexportbericht: Kleine Schritte, unklare Richtung

Sigmar Gabriel hat die Moral in die Debatte um die deutschen Rüstungsexporte geholt. Tatsächlich merkt man noch nicht viel davon.

Kommentar Rüstungspolitik: Wenn Politiker Tennis spielen

Ursula von der Leyen und Sigmar Gabriel streiten, wer die Rüstungsindustrie päppeln muss. Ob sie überhaupt nötig ist, wird nicht diskutiert.

Kritik an von der Leyens Rüstungspolitik: „Warum die U-Boote aufgeben?“

Verteidigungsministerin von der Leyen will im Rüstungssektor nur noch einige Schlüsseltechnologien fördern. Kritik kommt von links und rechts.

Kolumne Der rote Faden: Es ist schon verrückt

Durch die Woche gesurft: Alle sind sich einig, dass der IS das Böse schlechthin verkörpert. Aber ernsthaft bekämpfen möchte ihn keiner.

Kommentar Ursula von der Leyen: Mythos Macherin

Die Verteidigungsministerin benennt die Probleme bei der Bundeswehr, um Tatkraft zu signalisieren. Erfolgreiches Handeln wird ungleich schwerer.

Debatte Rüstung: Neue Feinde, neue Opfer

Kriege zu führen, indem man andere bewaffnet, ist vor allem heuchlerisch. Was kurzfristig funktionieren soll, geht mittelfristig meistens schief.

Deutsche Rüstungsexporte: Gabriel beschwichtigt Waffenlobby

Sigmar Gabriel will deutsche Waffenexporte einschränken. In der Rüstungsbranche wirbt er für Verständnis – macht aber auch Zugeständnisse.

Schleswig-Holsteins Rüstungsindustrie: Waffenbauer wollen mehr

Schleswig-Holsteins Rüstungsindustrie macht Umsatz. Trotz angekündigter Export-Restriktionen ist die Umstellung auf zivile Produkte kein Thema.