taz.de -- Männlichkeit – queer und feministisch: Barbies, Bier und Befreiung!
In dieser Folge geht es nun um die Auswirkungen von Männlichkeit aus Sicht marginalisierter Gruppen – mit Robin Solf vom MDR und Siobhan aus Westdeutschland.
Letzte Woche ging es bei „Mauerecho – Ost trifft West“ [1][um konstruktive Männlichkeit aus Ost- und Westperspektive] durch die Erfahrungen von zwei Männern aus Ost- und Westdeutschland. In der zehnten Folge geht es nun im Gegensatz dazu um die Auswirkungen von Männlichkeit auf die Gesellschaft – aus der Sicht marginalisierter Gruppen. Dafür hat der Host Dennis Chiponda zwei Gäste eingeladen: Robin Solf, Podcaster des queeren [2][MDR-Podcasts Sputnik Pride], und Siobhan, radikale Feministin und Influencerin mit westdeutscher Perspektive. Solf gibt uns mit seiner Ostperspektive als queerer Mann einen Einblick in das Thema. Siobhan macht Aufklärung zum Thema Feminismus und schaut mit einer FLINTA-Perspektive auf Männlichkeit.
Chiponda spricht mit seinen Gästen über die strukturellen, psychologischen und kulturellen Dimensionen toxischer Männlichkeit. Ausgangspunkt ist die Frage, wie tief patriarchale Vorstellungen von Geschlecht und Macht in unsere Erziehung, unsere Medienlandschaft und unser soziales Verhalten eingeschrieben sind – und welche Auswirkungen diese Normen auf unterschiedliche Lebensrealitäten haben. „Toxische Männlichkeit schadet Männern durch Depressionen – und Frauen durch Femizide. Wir müssen beides bekämpfen“, behauptet Siobhan.
Im Gespräch berichten beide Gäste von persönlichen Erfahrungen mit normativen Männlichkeitsbildern, die bereits in der frühen Kindheit wirken: Solf beschreibt, wie seine Mutter ihn vor stereotypen Erwartungen abschirmte, aber Außenstehende ihn dennoch korrigierten: „Leute fragten: ‚Warum gibst du ihm das? Wird er dann nicht schwul?‘ – es war nicht böse gemeint, aber es war immer ein Thema.“
Siobhan beschreibt, wie schon in der Familie klare Rollenbilder vermittelt wurden: „Mein Vater war zwar Hausmann, aber die emotionale Care-Arbeit hat zu 100 Prozent meine Mutter übernommen.“ Robin Solf reflektiert zudem die doppelte Herausforderung queerer Identität – einerseits von außen als „zu feminin“ markiert zu werden, andererseits auch innerhalb der queeren Community auf rigide Rollenbilder zu stoßen.
Auswege zur Veränderung
Die Mauerecho-Gäste sprechen darüber, dass toxische Männlichkeit sich nicht nur in zwischenmenschlichen Beziehungen zeigt, sondern auch in politischen Aussagen, medialen Inszenierungen und ökonomischen Machtverhältnissen. Ob in der Twitch-Szene, in Reality-TV-Formaten oder in Wahlkampfstrategien – die Abwertung des Weiblichen, die Idealisierung von Dominanz und die Abwehr von Verletzlichkeit prägen die öffentliche Debatte.
Aber auch Wege der Veränderung werden diskutiert: Männer müssen lernen, emotionale Selbstwahrnehmung zuzulassen, soziale Verantwortung zu übernehmen und eigene Machtstrukturen kritisch zu hinterfragen. Eltern, Bildungseinrichtungen und mediale Akteur*innen tragen gleichermaßen eine Verantwortung dafür, stereotype Rollenbilder zu dekonstruieren. Robin Solf und Siobhan betonen, dass Veränderung nicht allein auf individueller Ebene stattfinden kann – es braucht kollektive Strategien, intersektionale Perspektiven und solidarische Allianzen über Geschlechtergrenzen hinweg.
„Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der [3][taz Panter Stiftung]. Er erscheint jede Woche Sonntag auf taz.de/mauerecho sowie überall, wo es Podcasts gibt. Besonderen Dank gilt Ann Toma-Toader von der Redaktion sowie unserem Tonmeister Daniel Fromm.
6 Apr 2025
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