taz.de -- Zwei deutsche Gleichstellungsgeschichten: Die Pille, Lenin und das Patriarchat
In dieser Folge treffen zwei starke Frauen aufeinander: Halina Bendkowski und Imke Günther. Wie hat die Wiedervereinigung die Frauenbewegung beeinflusst?
Halina Bendkowski, eine Feministin der ersten Stunde aus dem Westen, trifft in der 7. Folge von „Mauerecho – Ost trifft West“ Imke Günther, eine engagierte Frau aus dem Osten, die sich weniger über Theorie, sondern über konkretes Handeln definiert. Dennis Chiponda moderiert.
Gemeinsam diskutieren sie ihre unterschiedlichen Erfahrungen mit Gleichberechtigung in der DDR und BRD. War der Feminismus im Westen ein Kampf um Rechte, während er im Osten eher staatlich verordneter Pragmatismus war? Wie hat die Wiedervereinigung die Frauenbewegung beeinflusst? Welche Doppelbelastung erleben migrantisierte Frauen und migrantisierte Mütter und welche Empowerment-Projekte gibt es? Günther teilt in der Podcastfolge ihre interkulturelle Arbeit mit Frauen.
Bendkowski kritisiert, inwiefern Feminismus in der Integrationsdebatte schiefgelaufen ist. Durch ihr Lesbischsein hat sie ihren Weg in den Aktivismus gefunden. „Mit 14 habe ich festgestellt, dass ich lesbisch bin. Ich habe mich im Ruhrgebiet unnormal gefühlt. Das kannte ich nur aus der Literatur“, erzählt Bendkowski. „Als junges Mädchen habe ich unter anderem Thomas Mann gelesen und verstanden: Da muss ich hin, da gibt es eine Freiheit, die ich in meiner Umgebung überhaupt nicht empfunden oder erlebt habe“.
Die „gläserne Decke“ und die aktuelle Rückentwicklung
Bendkowski teilt ebenfalls die Erfahrung ihrer Mutter, die die „gläserne Decke“ in Form einer gewissen Überforderung bei der Kombination von Führungsposition, Hausfrau und Mutter gespürt hat. „Viele Kinder meiner Generation haben in den Neunzigern keine Bindung zu ihren Müttern oder Vätern entwickeln können, aufgrund der Betreuung in den DDR-Krippen, die sie von früh an über die ganzen Werktage erlebt hatten“, beschreibt Günther, „sie sind von ihren Familien herausgerissen worden“.
Beide Frauen beschreiben in dieser Folge zwei unterschiedliche Wahrnehmungen der Wege zur Gleichstellung. Sie erklären, welche Rolle die Pille und der Kampf um §218 spielten und warum es so wichtig ist, ein liebevolles Gegenüber zu haben – egal ob Ehemann, Freundin oder Kollege.
„Ich wünsche mir für die Zukunft, dass gerade in der Sprache die Frauen nicht wegkritisiert werden – was ist das für eine Gesellschaft? Nicht nur Frauen, sondern alle marginalisierten Gruppen werden von Männern, die herrschen, einfach weggeschrieben. Das ist ein großes Problem, wenn in der Schule nicht alle Geschlechter genannt werden können. Das ist eine Rückentwicklung“, fasst Günther zusammen.
Eine spannende Reise durch unterschiedliche Frauenbilder, geprägt von Ost und West!
„Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der [1][taz Panter Stiftung] und erscheint jeden Sonntag auf [2][taz.de/mauerecho] und überall [3][dort, wo es Podcasts gibt]. Besonderer Dank gilt Ann Toma-Toader von der Redaktion und unserem Tonmeister in dieser Folge Phillip Große Siestrup.
16 Mar 2025
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