taz.de -- Einschränkungen wegen Corona: Ein trauriger Sommer in Berlin

Kein CSD, keine Konzerte, kaum Touristen und auch Demos wird es in diesem Sommer nicht geben. Immerhin die Zoos machen nächste Woche wieder auf.
Bild: Abstand halten heißt auch: nicht gemeinsam groß feiern. Berlin 2020

Berlin taz | Dieser Sommer wird anders werden als sonst: Keine Konzerte etwa in der Waldbühne, kein CSD, keine großen Demos am 1. Mai und auch sehr viel weniger Touristen. Das hat der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Donnerstag nach der Sondersitzung des Senats betont: Die einzige Maßnahme gegen die Verbreitung des Coronavirus sei die Beschränkung von Kontakten, so Müller. „Wer jetzt nicht bereit ist, diese Kompromisse mitzutragen, der riskiert, dass es gar keine Lockerungen gibt.“

Der Senat beriet sich vier Stunden lang, wie die zwischen Bund und Ministerpräsidenten [1][am Mittwoch ausgehandelten Vorgaben z]ur Eindämmung des Virus in Berlin umgesetzt werden sollen. Das Ergebnis war bis auf die Schulen und Kitas übersichtlich: Um rechtssichere Regeln zu formulieren wurden die bestehende Coronaverordnung um eine Woche verlängert. Am Dienstag soll der Senat dann genaueres festlegen.

Für Frisöre will der Senat den bundesweit festgelegten Termin 4. Mai einhalten; für sie wie auch für Kunden werde aber eine Mundschutzpflicht gelten. „Das ist nicht leicht umzusetzen“, so Müller, „aber wir sind nicht im Normalbetrieb, sondern in einer Ausnahmesituation“. Auch der Zoo und der Tierpark sollen schon kommende Woche öffnen, allerdings nur die Außenanlagen.

In anderen Fällen äußerte sich der Regierende nicht so eindeutig: Für Museen und Sportanlagen sollen die jeweils zuständigen Senatoren am Dienstag Vorschläge unterbreiten. Er könne sich durchaus vorstellen, dass Leichtathletik oder Tennis unter freiem Himmel bald wieder möglich sein werde, so Müller. Ein Turnierbetrieb allerdings nicht.

Und Konzertveranstalter sollten sich besser gar keine Hoffnungen auf diesen Sommer machen. Bis mindestens 31. August sind „Großveranstaltungen“ bundesweit verboten. Müller geht eher davon aus, dass es noch ein bisschen länger dauert; die Herbstferien Mitte Oktober wären ein mögliches Ziel.

Wobei auch am Donnerstag unklar blieb, was unter Großveranstaltungen genau zu verstehen ist. Ähnlich wie bei der [2][Debatte um deren Verbot im März] dürfte viel von den Umständen abhängen. Ein Rockkonzert ist für Müller noch in weiter Ferne; ein Kongress, bei dem Abstandsregeln eingehalten werden können, dürfte früher wieder möglich sein.

Keine Hoffnung für den Tourismussektor

Auch Demos werde es „in den nächsten Monaten“ nicht geben. Allerdings betonte Müller, dass sich der Senat der [3][Einschränkung dieses Grundrechts] sehr wohl bewusst sei und über alternative, erlaubte Protestformen nachgedacht werde, etwa über Kundgebungen mit Mindestabstand und Höchstteilnehmerzahl. Auch Hotels müssen weiter darben: Dem touristischen Sektor könne er „keine große Hoffnungen machen für die nächste Zeit“.

Konkrete Ziele gibt es bei den Kitas. Da durch die Lockerungen mehr Menschen arbeiten könnten – etwa [4][im Schulbereich] LehrerInnen und ErzieherInnen–, bräuchten deren Kinder Betreuung. Ab 27. April werde die Notbetreuung ausgeweitet, kündigte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) an; auch Alleinerziehende sollen berücksichtigt werden. Danach werde schnell und abgestuft die Ausweitung der Kinderbetreuung gestartet. Sie hofft, dass noch im Sommer wieder der Regelbetrieb möglich sein wird.

16 Apr 2020

LINKS

[1] /Kampf-gegen-Coronakrise/!5678976
[2] /Clubs-in-der-Coronapause/!5673185
[3] /Adbusting-gegen-Corona/!5674669
[4] /Schuloeffnung-in-Berlin/!5679143

AUTOREN

Bert Schulz

TAGS

Schwerpunkt Coronavirus
Kontaktverbot
Michael Müller
Kultur in Berlin
Queer
Christopher Street Day
Strategie
Die Linke Berlin
Schwerpunkt Coronavirus
Polizei Berlin
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Soziale Bewegungen
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus

ARTIKEL ZUM THEMA

Queerer Rettungsschirm gefordert: „Jetzt muss es um Taten gehen“

Queere Events und Projekte brauchen staatliche Hilfen, um die Corona-Krise zu überleben, sagt Alain Rappsilber, Organisator des Folsom-Festivals.

Pride-Parade in Berlin: CSD wird wieder politischer

Die CSD-Parade findet Ende Juli statt – aber nur digital. Das kann nicht sein, findet ein Aktivist und ruft am Samstag zum alternativen CSD auf.

Berlins Strategie in der Coronakrise: Profilierung first, Bedenken second

In der Lockerungsphase scheitert die Politik daran, ein Ziel vorzugeben. Die Folge: Die neuen Vorgaben werden immer weniger als sinnvoll erachtet.

Linkspartei-Chefin über Homeschooling: „WLAN und Computer für alle“

Beim Heimunterricht darf keiner benachteiligt werden, sagt Katina Schubert. Das Land müsse Internet und Rechner für alle Kinder zu Hause bereitstellen.

Absage aller großen Veranstaltungen: Im zivilisatorischen Korsett

Keine Großveranstaltungen mehr bis mindestens 31. August: Das trifft die Kultur- und Party-Hauptstadt besonders hart. Ein Wochenkommentar.

Gewerkschaft sehnt sich nach alten Zeiten: Die Polizei mobilisiert zum 1. Mai

Vor dem 1. Mai belebt die Gewerkschaft der Polizei alte Feindbilder: die linke Szene sowie Rot-Rot-Grün. Und fragt: „Was ist mit der 18-Uhr-Demo?“

Schulöffnung in Berlin: Abiprüfung trotz Corona

Am Montag starten in Berlin die Abiturprüfungen, am 4. Mai öffnen die Schulen für manche Klassen. Für Hygiene sei gesorgt, so die Bildungssenatorin.

Kampf gegen Coronakrise: Kleine Läden bald wieder offen?

Bund und Länder beraten, wie es weitergeht. Die Regierung will, dass kleine Geschäfte bald wieder öffnen können, bei Sozialer Distanz soll es aber bleiben.

Adbusting gegen Corona: Noch ein illegaler Demozug

Protestieren wie Werber: Weil andere Aktionsformen in Zeiten von Corona rigoros unterbunden werden, setzen Aktivisten in Berlin auf Adbusting.

Eindämmungsverordnung bleibt unverändert: Volle Härte gegen Corona

Das Kontaktverbot bleibt vorerst weiter bestehen, macht Berlins Innensenator klar. Mitregierende Linke und Grüne formulieren nur milde Kritik.

Clubs in der Coronapause: Nachtleben im Ausnahmezustand

Der Berliner Senat hat das Nachtleben gestoppt, um eine schnelle Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Wie gehen Clubs mit der Zwangspause um?

Reaktionen auf Kontaktsperre in Berlin: Ausnahmsweise rausgehen

Die Umsetzung der bundesweiten Kontaktsperre in Berlin trifft in der Koalition auf Zustimmung. Michael Müllers Kurs sei „besonnen und konzentriert.“