taz.de -- Kommentar Krise der Linkspartei: Lieber ein Ende mit Schrecken
Der Bruch in der Linkspartei sollte schnell erfolgen. Der linksnationalistische Kurs von Wagenknecht und Lafontaine lähmt die Partei.
Die Vorbereitungen für das Spitzentreffen am Freitag laufen auf Hochtouren. Hinter den Kulissen wird in der Linkspartei eifrig an Formulierungen zur Migrations- und Flüchtlingspolitik gefeilt, die sowohl von der Partei- als auch der Fraktionsführung mitgetragen werden können.
Im besten Fall verständigen sich Katja Kipping und Bernd Riexinger mit Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch auf substanzlose Formelkompromisse. Im schlechtesten Fall gelingt nicht einmal mehr das. Letzteres wäre zu begrüßen. Denn es ist höchste Zeit, damit aufzuhören, passend machen zu wollen, was längst nicht mehr zusammenpasst.
Der eine oder die andere in der Linkspartei erinnert sich vielleicht noch wehmütig an jenen Satz, der am Anfang stand: „Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ Unter tosendem Beifall warb Oskar Lafontaine vor der Bundestagswahl 2005 mit diesem etwas paraphrasierten Victor-Hugo-Zitat für jenes frisch geschmiedete Bündnis west- und ostdeutscher Linker, aus der etwas später die Linkspartei werden sollte.
Etliche Hoffnungen verbanden sich damit. Sie sind tief enttäuscht worden. Statt [1][gemeinsam für eine sozialere und gerechtere Gesellschaft zu kämpfen], zerfleischt sich die Partei. Und daran haben Lafontaine und seine Ehefrau Sahra Wagenknecht entscheidenden Anteil.
Die Frage ist inzwischen nicht mehr, ob sich die Wege der verfeindeten Lager trennen werden, sondern nur noch, wann es so weit sein wird. Wenn dem so ist, sollte der Bruch so schnell wie möglich erfolgen. Denn der linksnationalistische Kurs von Wagenknecht und Lafontaine paralysiert schon viel zu lange die Linkspartei.
Das sollte endlich auch der sogenannte Reformflügel um Dietmar Bartsch erkennen, der immer noch seine schützende Hand über Wagenknecht hält. Dabei zeigt doch gerade der absurde [2][Streit über den UNO-Migrationspakt], wie wenig das rein machttaktisch motivierte „Hufeisen“ der Bartschisten und der Wagenknechtianer noch trägt. Damit sollte endlich Schluss sein.
[3][Der UN-Migrationspakt: Der vollständige Vertragstext – kommentiert von ExpertInnen für Migration.]
29 Nov 2018
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Linkspartei vertagt ihre Konflikte. Wagenknecht unterstützt nun doch „Unteilbar“ – und fordert eine neue Arbeitslosenhilfe.
Wagenknecht präsentiert sich in einem Video vor dem Kanzleramt als Erlöserin der Unterdrückten. Dabei ist sie seit Jahren Teil der politischen Klasse.
Sahra Wagenknecht ruft dazu auf, nach dem Vorbild der Gelbwesten auf die Straße zu gehen. Auch ihre Partei Die Linke plant soziale Proteste.
Partei und Fraktion treffen sich zur Aussprache im Bundestag. Als Erfolg gilt schon, dass Sahra Wagenknecht bis zum Schluss zuhört.
Die Linke streitet über Flüchtlingspolitik und Sahra Wagenknecht. Nur mit Mühe stimmt die Fraktion für den UN-Migrationspakt. Stürzt sie ihre Chefin?
Im Streit mit den Migrationsskeptikern um Wagenknecht haben die Migrationsfreunde sich durchgesetzt: Die Fraktion stimmte für den UN-Migrationspakt.
Die AfD hetzt gegen ein UN-Migrationspapier. Auch Teile der Union haben Bedenken – ebenso Sahra Wagenknecht.