taz.de -- Kommentar Militäroffensive in Idlib: Der Westen schaut zu
In Idlib droht ein Blutbad wie es eines im syrischen Krieg noch nicht gab. Als Schutz für die demokratischen Kräfte dort bleibt nur die Türkei.
Der Krieg in Syrien nähert sich seinem blutigen Finale. Wenn [1][das Assad-Regime seine Ankündigung wahr macht], die letzte verbliebene Rebellenenklave Idlib militärisch zurückzuerobern, droht ein Blutbad, das den bisherigen Horror noch in den Schatten stellen könnte.
Aus Schlachten wie in Ost-Aleppo oder der [2][Ost-Ghouta] haben die Menschen gelernt, dass die syrische Regierung vor nichts zurückschreckt: Dauerbelagerung, Aushungern, Flächenbombardements, Chemiewaffenangriffe. Das Ergebnis: Trümmerlandschaften voller Leichen.
Bei den bisherigen Schlachten bot sich Rebellen und Zivilisten immer ein Ausweg: Evakuierung nach Idlib. Die nach Idlib Geflohenen hofften dort auf Sicherheit und Schutz. Sie haben ihn nicht bekommen. Russlands und Syriens Luftwaffen bombardieren das Gebiet seit Jahren, ungehindert. Und in Idlib selbst sorgen Zerwürfnisse für zusätzliche Probleme. Die Übriggebliebenen des demokratischen Aufstands von 2011, sofern sie nicht tot oder geflohen sind, erwehren sich mehr schlecht als recht des wachsenden Einflusses islamistischer Gruppen.
Niemand auf der Welt schützt Idlibs demokratische Kräfte, die Kriegsflüchtlinge, die Zivilisten. Als einzige auswärtige Kraft ist die Türkei präsent, mit militärischen Beobachterposten an den Frontlinien. Man kann also nur hoffen, dass Erdoğans Armee die Menschen in Idlib schützt.
So weit ist es also schon gekommen: Weil niemand auch nur den kleinen Finger zu krümmen bereit ist, um Massenverbrechen an drei Millionen Menschen zu verhindern, muss man auf den türkischen Autokraten setzen. Erdoğan und Putin beraten darüber, wer am Leben bleibt und wer nicht. Der Westen schaut zu.
Und Berlin [3][führt Scheindebatten darüber], ob Deutschland etwas tun sollte, falls es erneut zu völkerrechtswidrigen Chemiewaffeneinsätzen Assads gegen die eigenen Staatsbürger kommen sollte. Natürlich wird Deutschland nichts tun, was den Lauf der Dinge in irgendeiner Weise beeinflussen könnte. Man will ja sauber bleiben.
17 Sep 2018
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