taz.de -- Mobilitätsgesetz: Konsens in Grün

Mit knapp 50 Änderungen verlässt das Mobilitätsgesetz den parlamentarischen Beratungsprozess. Gute Laune bei den Grünen.
Bild: Der fährt – und besser ist es. Denn künftig darf die BVG ihre Busspuren räumen

Wenn wieder mal ein Falschparker die Busspur blockiert, muss die Busfahrerin künftig nicht mehr die Polizei rufen – sie meldet es einfach per Funk an ihre Zentrale, und die schickt einen Abschleppwagen. Zumindest kann sie das tun, denn so steht es in der letzten Fassung des Mobilitätsgesetzes, das nach langem Hickhack wohl am Donnerstag durch den Verkehrsausschuss gewunken und Ende des Monats verabschiedet wird.

Die BVG-Lizenz zum „Umsetzen“ („Abschleppen“ in Amtsdeutsch) ist eine der knapp 50 von den Koalitionsfraktionen vereinbarten Änderungen. Viele sind eher unspektakuläre Formulierungsanpassungen. Beachtung verdienen am ehesten der neue Passus, dass die Fahrradstaffel der Polizei nicht nur in zentralen Bezirken, sondern in der ganzen Stadt eingesetzt werden soll, sowie die Offenlegung aller Echtzeit-Verkehrsdaten. Davon versprechen sich die GesetzgeberInnen mehr Wettbewerb um „komfortable Mobilitätsapps“ auch von nicht kommerziellen Anbietern.

Grüne: „Konsens der Koalition“

Die Grünen hatten am Mittwoch extra die Presse ins Abgeordnetenhaus geladen, um noch einmal zu präsentieren, was laut Fraktionschefin Antje Kapek „für uns das größte Reformvorhaben der gesamten Legislatur“ sei. Man habe viel Kraft hineingesteckt, so Kapek, wolle jetzt aber „keine Gewinner-Verlierer-Kommunikation betreiben“: „Was jetzt vorliegt, ist der Konsens der Koalition.“

Vor zwei Wochen hatte die SPD für Aufruhr gesorgt, als sie das Fehlen des Autoverkehrs im Entwurf monierte. In der ebenfalls neuen Präambel dessen, was offiziell „Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mobilitätsgewährleistung“ heißt, werden nun zwar die Anforderungen des „Motorisierten Individualverkehrs“ erwähnt – allerdings auch der „Vorrang des Umweltverbundes“ aus Bahn, Bus, Fahrrad und Fuß.

CDU: „Murks“

Das, was die Grünen gestern als Erfolgsgeschichte verkauften, sehen manche naturgemäß etwas anders. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Oliver Friederici, der auch die des Radikalismus unverdächtige Verkehrssenatorin Regine Günther immer wieder als „Anti-Auto-Senatorin“ bezeichnet, trug aber schon sehr dick auf: „Die Koalition zerlegt eigenhändig ihr sogenanntes Mobilitätsgesetz“, so Friederici, „mit ihren 50 Änderungsanträgen bleibt von dem ursprünglichen Entwurf praktisch nichts mehr übrig. Der Entwurf war schlecht abgestimmt, miserabel vorbereitet, Auto-, Wirtschafts- und Fußgängerverkehr sind weiterhin nicht berücksichtigt.“ Es folgen „Flickschusterei“, „Murks“ und „Schlimmer geht nimmer“.

Tatsächlich ist alles andere als neu, dass Fuß-, Wirtschafts- und nun auch noch der Autoverkehr in einem zweiten Anlauf ins Gesetz gehoben werden sollen. Antje Kapek vermisste denn auch nur eines: das Verbandsklagerecht, das im Referentenentwurf der Verkehrsverwaltung noch enthalten war, aber später von der Senatskanzlei herausgekegelt wurde.

Die Fraktionschefin, die gerne darauf verweist, dass sich ihre holländische Schwiegermutter derzeit in Berlin nicht aufs Rad traue, verriet, sie habe ob der bevorstehenden Verabschiedung „schon seit Wochen gute Laune“. Dass viele RadaktivistInnen sich fragten, „wann denn endlich der erste Eimer grüne Farbe auf die Straße gekippt werde“, könne sie verstehen, aber: „Ich denke, die Verwaltung will das richtig machen, gleich ganz viele Eimer Farbe bestellen und dann loslegen.“

Zu Beginn der Legislatur, erinnerte sie, seien in der Verkehrsverwaltung zwei Mitarbeiter für Radinfrastruktur zuständig gewesen. Mittlerweile seien es 50.

6 Jun 2018

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Claudius Prößer

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