taz.de -- Rüstungsexporte unter großer Koalition: Deutsche Waffen, deutsches Geld

Die SPD hatte sich 2013 vorgenommen, die deutschen Rüstungslieferungen ins Ausland zu bremsen. Es ist jedoch das Gegenteil geschehen.
Bild: Deutsche G36-Gewehre sind ein beliebtes Exportgut

Berlin dpa | Die große Koalition hat in den vergangenen vier Jahren deutlich mehr Rüstungsexporte genehmigt als die Vorgängerregierung von Union und FDP. Der Gesamtwert der Lieferungen lag von 2014 bis 2017 bei 25,1 Milliarden Euro und damit 21 Prozent höher als in den Jahren der schwarz-gelben Koalition von 2010 bis 2013.

Die Lieferungen in Drittstaaten außerhalb von EU und Nato nahmen sogar um 47 Prozent auf 14,48 Milliarden Euro zu. Alleine im vergangenen Jahr wurden Waffen und andere Rüstungsgüter im Wert von 3,79 Milliarden Euro an diese sogenannten Drittländer exportiert. Das sind 127 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.

Die noch vorläufigen Zahlen teilte das Wirtschaftsministerium auf Anfrage der Linksfraktion mit. Die Aufstellung liegt der ARD und der Deutschen Presse-Agentur vor. Der Gesamtwert der Exporte ist im vergangenen Jahr zwar um 6,3 Prozent auf 6,42 Milliarden Euro gesunken. Das ist aber immer noch der dritthöchste Wert überhaupt nach den beiden Rekordjahren 2015 und 2016.

Die SPD hatte sich Ende 2013 vorgenommen, in der großen Koalition eine restriktive Genehmigungspraxis durchzusetzen – allen voran Vizekanzler Sigmar Gabriel, der drei Jahre lang als Wirtschaftsminister dafür zuständig war. Die Rüstungsexportpolitik wird auch in den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen ein Thema sein. Bereits in den Sondierungsgesprächen haben Union und SPD sich verständigt, die Rüstungsexportrichtlinien aus dem Jahr 2000 zu „schärfen“. Was das genau bedeutet, ist aber noch unklar.

Algerien ist Hauptempfänger

Die SPD hat zudem einen Stopp aller Exporte an die am Jemen-Krieg beteiligten Staaten durchgesetzt. Drei dieser Länder waren 2017 aber noch unter den zehn wichtigsten Empfängerländern der deutschen Rüstungsindustrie: Ägypten (Platz 2, 708,3 Millionen Euro), Saudi-Arabien (Platz 6, 254,5 Millionen Euro), Vereinigte Arabische Emirate (Platz 8, 213,9 Millionen Euro).

Saudi-Arabien führt seit 2015 im Jemen-Krieg eine Militärallianz sunnitisch geprägter Staaten an, die gegen die schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen kämpfen. Die Rüstungslieferungen in das Königreich waren aber schon davor wegen der Menschenrechtslage dort höchst umstritten. Nummer eins der Empfänger deutscher Rüstungsgüter ist mit Algerien ebenfalls ein arabischer Staat, der wegen mangelnder Achtung der Menschenrechte kritisiert wird. Die Lieferungen dorthin hatten einen Wert von 1,36 Milliarden Euro.

Der Linken-Außenexperte Stefan Liebich kritisierte, es gebe weiterhin keine Abkehr von einer „rein ökonomisch ausgerichteten Exportpolitik“. „In Wirklichkeit hat die große Koalition die Schleusen nicht geschlossen, sondern noch weiter geöffnet.“

24 Jan 2018

TAGS

Rüstungsexporte
Große Koalition
Saudi-Arabien
SPD
Waffenexporte
Saudi-Arabien
Türkei
Türkei
Rüstungsexporte
Kairo

ARTIKEL ZUM THEMA

Bürgerkrieg im Jemen: Deutsche Waffen an beteiligte Staaten

Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag auf einen Rüstungsstopp an Länder verständigt, die unmittelbar am Krieg im Jemen beteiligt sind. Das ist nun vorbei.

Waffenexportstopp nach Saudi Arabien: Nicht auf Deutschland angewiesen

Wegen des Jemen-Krieges bekommt Saudi Arabien keine Waffen mehr aus Deutschland. Die dortige Regierung hat dafür kein Verständnis.

Deutsche Panzer im Ensatz gegen Kurden: Guerilla statt Panzerschlacht

Die Türkei setzt in Syrien deutsche Panzer ein. Woher hat sie die? Warum will sie sie nachrüsten? Und was passiert, wenn Deutschland nicht zustimmt?

Kommentar Deutsche Panzer in Syrien: Waffenexport konsequent verharmlost

Die Bundesregierung ist mitverantwortlich für Erdoğans Krieg und dessen Opfer. Mehr als verlogene Apelle zur Mäßigung hat sie nicht zu bieten.

Große Koalition zur Rüstungspolitik: Der Exportstopp gilt unverzüglich

Das Sondierungsergebnis zu Waffenexporten wird kaum beachtet. Dabei hat es enorme Folgen: Konzerne könnten auf halbfertigen Waffen sitzenbleiben.

Debatte Rüstungsexporte nach Ägypten: Die Kairo-Kumpanei

2017 gingen so viele Rüstungsexporte wie noch nie an Ägypten. Der Bundesregierung sind menschenrechtliche Verpflichtungen nicht so wichtig.