taz.de -- Krieg in Syrien: Viele Tote bei Luftangriffen in Idlib
Nachdem es in Syriens Nordwesten lange relativ ruhig geblieben war, häufen sich jetzt die Angriffe. Viele Zivilisten wurden getötet, auch Kinder.
Beirut rtr/afp | Bei Luftangriffen in der von Rebellen kontrollierten Provinz Idlib in Syrien sind Beobachtern zufolge 28 Menschen ums Leben gekommen. Unter den Opfern seien auch vier Kinder, teilte die in Großbritannien ansässige syrische Beobachterstelle für Menschenrechte am Samstag, dem 30. September, mit. Der in den Rebellengebieten aktive Zivilschutz sprach von 26 Toten. Das syrische Militär äußerte sich zunächst nicht zu den Berichten über den Angriff auf die Ortschaft Armanas, die nur wenige Kilometer von der türkischen Grenze entfernt ist.
Im Nordwesten Syriens war es lange weitgehend ruhig gewesen, bis Aufständische vor gut einer Woche eine Großoffensive gegen regierungstreue Einheiten gestartet hatten. Erst vor wenigen Tagen starben nach Angaben der Opposition mindestens 150 Zivilisten bei einem Luftangriff.
Das russische Verteidigungsministerium wies die Vorwürfe der Opposition zurück und erklärte, Ziele seien Stützpunkte von Terroristen, gepanzerte Fahrzeuge und Munitionsdepots. Diese würden zuvor über Drohnen ausfindig gemacht.
Idlib sowie Teile von Hama gehören zu einer von vier Deeskalationszonen, die von Russland, dem Iran und der Türkei ausgehandelt worden waren. Erst vergangene Woche vereinbarten die drei Garantiemächte gemeinsame Patrouillen, um die Einhaltung der Waffenruhe in der Deeskalationszone zu überwachen.
Frankreich fordert Kontaktgruppe für Syrien
Derweil forderte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in der Generaldebatte vor der UN-Vollversammlung eine Kontaktgruppe für Syrien. Die im kasachischen Astana geführten Verhandlungen zum Syrien-Konflikt seien „nicht ausreichend“, sagte Macron in New York. Nach seinen Vorstellungen sollten zu der neuen Kontaktgruppe die fünf Vetomitglieder des UN-Sicherheitsrats sowie „die Konfliktparteien“ gehören. Ob auch der Iran teilnehmen sollte, sagte er nicht. Dies würden die USA strikt ablehnen.
Russland warf US-gestützten Rebellen unterdessen vor, syrische Truppen im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ (IS) rund um die Stadt Deir Essor zu behindern. Die russische Armee erklärte unter Berufung auf Berichte syrischer Generäle, deren Truppen seien nach dem Überqueren des Euphrat aus dem Norden beschossen worden. Die Gegend, aus der die Angriffe gekommen seien, werde von den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) kontrolliert, die von Washington unterstützt werden.
Derzeit versuchen die syrischen Regierungstruppen mit einer Offensive, den IS im ostsyrischen Deir Essor einzukreisen. Parallel dazu stoßen die SDF mit Unterstützung der US-geführten Anti-IS-Koalition auf die Stadt vor. In der Provinzhauptstadt hatten syrische Regierungstruppen in zwei Vierteln über Jahre unter Belagerung der Dschihadisten ausgeharrt.
1 Oct 2017
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