taz.de -- Konferenz afrikanischer Jugendvertreter: Afrikas Jugend will mitreden
Im Vorlauf zum nächsten EU-Afrika-Gipfel formulieren Afrikas Jugendvertreter, worum es geht: Rassismus in Europa, schlechte Politik in Afrika.
Kampala taz | Victor Ochen steht auf und ergreift das Mikrofon. Der Aktivist vom Refugee Law Project spricht Ugandas Flüchtlingsminister Mussa Ecweru, der auf dem Podium sitzt, direkt an: „Wir alle wissen doch, was die Hauptfluchtursachen für uns Jugendliche in Afrika sind“, sagt er. Alle spitzen die Ohren, auch der Minister. „Es ist die schlechte Regierungsführung der Machthaber“, donnert Ochen.
Abgesehen vom Klimawandel seien die meisten Fluchtursachen selbst verschuldet. „Was können wir Ugander, die wir heute so viele Flüchtlinge aufnehmen, tun, dass wir morgen nicht selbst fliehen müssen?“
Mit so viel Kritik hat der Minister wohl nicht gerechnet, er guckt etwas verdutzt. Uganda, das über eine Million Südsudanesen aufgenommen hat, rühmt sich gern als Vorbild einer offenherzigen Flüchtlingspolitik. Deswegen wurde die Konferenz afrikanischer Jugendvertreter auch hier in Kampala abgehalten. Die Teilnehmer applaudieren: „Endlich haben wir Jugendliche den Mut, unseren Machthabern die Stirn zu bieten“, flüstert einer.
Warum fliehen und migrieren Jugendliche und was hält sie umgekehrt zu Hause? Es wird heiß diskutiert auf dem Treffen, das im Vorlauf zum nächsten EU-Afrika-Gipfel statt findet. „Es sind machthungrige Staatschefs, die ein ganzes Land in den Krieg ziehen“, sagt der Südsudanese Toulong. „Es sind Diktatoren, die unsere Rohstoffe an den Westen verhökern, ohne dass wir davon was abbekommen“, so der Kongolese Lucien Bizimana. „Es sind miserable Bildungssysteme, in welchen wir nichts lernen, um einen Job zu finden“, wirft die Uganderin Joselyne Nmakhula ein.
„Jugend und Migration“ lautet das Schwerpunktthema des EU-Afrika-Gipfels in der Elfenbeinküste Ende November. Dort wollen europäische und afrikanische Staatschefs weiterverhandeln, wie sich die Migration aus Afrika nach Europa regulieren lässt. Die Konferenz in Kampala soll den Jugendlichen eine Plattform geben, Forderungen zu formulieren.
Jugend sollte von Jugend vertreten werden
Migration nicht als Gefahr, sondern als Chance zu verstehen – das ist das Ziel, sagt Hannes Swoboda, Präsident des Internationalen Instituts für Frieden in Wien, der die von der österreichischen Initiative Act.Now organisierte Konferenz leitet. Zugleich stand die Frage nach Alternativen zur Migration im Raum.
Unter Tränen erzählt Bella Nshimirimana aus Burundi, wie sie allein hochschwanger aus ihrem Heimatland nach Uganda fliehen musste. Bei der Entbindung konnte sie sich nicht verständigen, weil sie kein Englisch sprach. Daraufhin beschloss sie, sich für mehr Bildung in den Flüchtlingslagern der Region einzusetzen. Nach Europa auszuwandern, das sei ihr nie in den Sinn gekommen, sagt sie.
Ganz anders Youssouf Diakité aus Mali, der als studierter Volkswirt keinen Job in der Heimat fand. Er erzählt von seinem Studium in Wien, wo er viele Afrikaner traf, die eigentlich zurück wollten, aber den Absprung nicht schafften.
Der Südsudanese Simon Toulong berichtet kopfschüttelnd, wie er zu einem UNHCR-Gipfel nach Genf fliegen sollte, doch die Schweiz ihm das Visum verweigerte. Für viele verbirgt sich hinter der EU-Migrationspolitik purer Rassismus. „Wir Afrikaner haben kein Recht auf Mobilität“, fasst es Samir Abi vom Migrations-Observatorium in Togo zusammen.
Als Forderung für den EU-Afrika-Gipfel sind sich alle einig: Wenn die Staatschefs über Jugend sprechen, dann sollte die junge Generation vertreten sein, etwa durch einen alternativen Jugendgipfel. Flüchtlingsminister Ecweru verspricht, diese Idee zu verfolgen. Immerhin dafür bekommt er Beifall.
5 Sep 2017
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