taz.de -- Trump rechtfertigt Einreiseverbot: Wieder mal sind die Medien schuld
US-Präsident Trump verteidigt sein Einreiseverbot: Es handele sich nicht, wie die Medien behaupten, um einen Muslim-Bann. Proteste gegen das Verbot nehmen zu.
Washington ap | Angesichts massiven Widerstands gegen das jüngste Einreiseverbot für Bürger aus sieben muslimisch geprägten Ländern hat US-Präsident Donald Trump seinen Erlass verteidigt. „Es geht nicht um Religion – es geht um Terror und darum, unser Land sicher zu halten“, teilte Trump mit. Es handele sich „nicht um einen Muslimen-Bann.“ Dass ein solcher Eindruck entstanden sei, sei die Schuld der Medien, erklärte Trump.
Im ganzen Land gingen die Proteste gegen seine Exekutivanordnung indes am Wochenende weiter, auch aus den Reihen der Republikaner kam Kritik. Etliche Demokraten im Kongress wollen ein Gesetz einbringen, das das Dekret aushebeln soll.
Trump hatte am Freitag verfügt, dass Staatsbürger aus den sieben mehrheitlich muslimischen Ländern Irak, Syrien, Iran, Sudan, Libyen, Somalia und Jemen drei Monate lang nicht in die USA einreisen dürfen. Der US-Präsident setzte ferner das gesamte Regierungsprogramm zur Aufnahme von Flüchtlingen für vier Monate aus. Flüchtlinge aus Syrien dürfen für unbestimmte Zeit gar nicht mehr einreisen.
In einer Stellungnahme betonte Trump, „außerordentliches Mitgefühl“ mit den Menschen zu haben, die vor dem blutigen Bürgerkrieg in Syrien flüchteten. Er wolle aber „Wege finden, um all jenen zu helfen, die leiden.“ Später berichtete das Weiße Haus von Telefonaten Trumps mit dem saudi-arabischen König Salman und Scheich Mohammed bin Sajed Al Nahyan, dem Kronprinz von Abu Dhabi. Beide hätten sich bereit erklärt, Sicherheitszonen für Flüchtlinge zu unterstützen. Details dazu gab es nicht.
Auf Flughäfen auf der ganzen Welt herrschte Verwirrung in der Frage, wie Trumps Dekret umzusetzen sei. Zur Unsicherheit trug auch die juristische Unklarheit bei. Zwischenzeitlich hieß es, dass auch Inhaber einer Green Card aus den betroffenen Länder nicht mehr einreisen dürften. Dann wurde das vom Weißen Haus wieder revidiert.
Teilaspekt außer Kraft gesetzt
Eine Notfallverordnung einer Bundesrichterin stoppte zudem einen Teilaspekt des Trump-Erlasses. Menschen aus den betroffenen Ländern, die US-Boden erreicht haben und ein gültiges Visum oder einen genehmigten Flüchtlingsantrag vorweisen können, dürfen demnach nicht mehr abgeschoben werden. Wer allerdings aus den betroffenen Staaten stammt und gar nicht erst in ein Flugzeug gelassen wird, darf weiterhin nicht einreisen. Das Heimatschutzministerium betonte indes, das jüngste Gerichtsurteil werde die Gesamtumsetzung des Dekrets nicht schmälern.
Der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, mahnte die Regierung jedoch zur Mäßigung. Er sei zwar für strenge Sicherheitsprüfungen, doch gehörten Muslime für die USA zur „besten Quelle im Krieg gegen Terror“, sagte er. Die erfahrenen Senatoren John McCain und Lindsey Graham, beide Republikaner, schlugen in eine ähnliche Kerbe. Durch Trumps Order drohe die Gefahr, dass sich die USA „im Kampf gegen den Terrorismus selbst“ schadeten. So sende der Erlass „das Signal, ob beabsichtigt oder nicht, das Amerika keine Muslime im Land haben will.“ Dadurch würde eher die Terroristen-Rekrutierung befeuert als die Sicherheit verbessert, schrieben McCain und Lindsey.
Trump schoss später per Twitter zurück und nannte das Duo „traurig schwach in Sachen Migration.“
Besorgt sind auch US-Unternehmen über das von Trump verhängte Einreiseverbot. Howard Schultz, der Chef der Kaffeehauskette Starbucks, wandte sich in der Nacht zum Montag mit „tiefer Besorgnis“ auf der Firmen-Website an die Mitarbeiter. Er bezeichnete Trumps Erlass als verwirrend und kündigte Pläne an, um in den nächsten fünf Jahren 10.000 Flüchtlingen Jobs bei Starbucks anbieten zu können.
„Nicht der beste Weg“
„Viele Menschen, die negativ von dieser Politik betroffen sind, sind starke Unterstützer der USA“, twitterte Tesla-Chef Elon Musk. „Sie haben das Richtige getan, nicht das Falsche, und sie verdienen es nicht, zurückgewiesen zu werden.“ Das Einreiseverbot für Staatsangehörige einiger überwiegend muslimischer Länder sei „nicht der beste Weg“, um mit den Herausforderungen des Landes umzugehen.
Uber-Chef Travis Kalanick bezeichnete das Dekret in einem Facebook-Post als „verkehrt und ungerecht“. General-Electric-Chef Jeff Immelt erklärte in einem Firmen-Blog, aus dem verschiedene US-Medien zitierten, er teile die Sorgen seiner Mitarbeiter. Immelt versprach, GE werde den betroffenen Angestellten zur Seite stehen und versuchen, mit der Trump-Administration an Lösungen zu arbeiten.
Zuvor hatte es bereits Kritik und Reaktionen etwa von Google, Facebook, Microsoft und Twitter gegeben. Die Tech-Konzerne setzen besonders stark auf Experten aus dem Ausland. Google rief noch vor dem Inkrafttreten des Erlasses über 100 Mitarbeiter, die aus muslimischen Ländern stammen und sich gerade im Ausland aufhielten, in die Vereinigten Staaten zurück.
Auch die größte US-Bank JPMorgan Chase richtete sich im Zuge von Trumps Entscheidung laut US-Medienberichten an ihre Mitarbeiter. Vorstandschef Jamie Dimon versprach demnach in einem Statement allen Angestellten, die von dem Einreiseverbot betroffen sein könnten, dass sich das Unternehmen standhaft für sie einsetzen werde.
30 Jan 2017
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Aus Widerstand gegen Trumps Politik haben Einwanderer einen Tag lang gestreikt. An der Grenze zu den USA bilden Mexikaner eine Menschenkette.
Nach ihrer Kritik am Einreisestopp entlässt der US-Präsident die kommissarische Ministerin Sally Yates. Auch Obama und Diplomaten stellen das Gesetz infrage.
Tagelang weiß keiner, wer unter den Muslim-Bann fällt. Einige legale US-Bewohner wurden im Flugzeug überrascht und in Gewahrsam genommen.
Was tun, wenn sich die USA in einen Schurkenstaat verwandeln? Die alten Verbündeten stellt Trump vor ein Dilemma. Sie müssen sich entscheiden.
Das Einreiseverbot für Muslime in die USA trifft auch zahlreiche Journalisten. Oft sind es Doppelstaatler mit iranischem Pass.
Wegen des Einreiseverbots für Muslime können viele Künstler nicht in die USA reisen. Nicht betroffene Künstler solidarisieren sich durch einen Boykott.
Trump will in Syrien und im Jemen Sicherheitszonen für Flüchtlinge einrichten. Der US-Präsident begründet dies mit dem Schutz vor Terror.
Der Richterspruch für ein Abschiebeverbot ist ein Funken Hoffnung – mehr aber nicht. Zu dicht ist die Folge der Trump'schen Abscheulichkeiten.
Die Idee gab es schon, bevor Trump US-Präsident wurde, danach gewann sie aber an Zulauf. Jetzt geben Behörden grünes Licht für das Sammeln von Unterschriften.
Der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Niema Movassat ist Iraner und Entwicklungspolitiker. Dumm nur, dass er nicht mehr zur UN nach New York kann.
Die Abschottungspolitik des US-Präsidenten lehnt Angela Merkel ab. Auch Frankreichs Präsident kritisiert den neuen Protektionismus der Vereinigten Staaten.