taz.de -- Martin Schulz' Kanzlerkandidatur: Die SPD und die Frauen
Ein SPD-Mann macht einen Mann zum Kanzlerkandidaten. Sind die Sozialdemokraten eine Mackerpartei oder wollen Frauen nicht an die Macht?
Jubel: „Wir freuen uns auf einen engagierten Wahlkampf für mehr Gleichstellung und Vielfalt in Deutschland und Europa mit Martin Schulz.“ So twitterte am Mittwoch die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF). Die Frauenorganisation ist zuständig für Geschlechtergleichstellung in der Partei.
Realität I: Gleichstellung in der SPD zeigt sich gerade mit einem Kanzlerkandidaten, einem alten und einem neuen Parteichef, einem alten und einem neuen Außenminister, einem abgedankten Wirtschaftsminister. Alles klar? Alles Männer.
Realität II: Die SPD und die Frauen – eigentlich eine Erfolgsstory. 44 Prozent der SPD-Bundestagsabgeordneten und 32 Prozent der Parteimitglieder sind heute Frauen. Es gibt SPD-Ministerinnen und SPD-Ministerpräsidentinnen. Nur Nummer eins ist bislang keine SPD-Frau geworden.
Machos: „Mackerpartei“, so der Tenor innerhalb der Partei. Das traditionelle Recht des Parteichefs auf Personalvorschläge sei wie in Stein gemeißelt.
Kungelei: Davon, dass Männer jetzt die Posten unter sich gedealt hätten, kann aber keine Rede sein. Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin in Nordrhein-Westfalen, war nach eigenen Aussagen eingeweiht. Auch Generalsekretärin Katarina Barley und Frauenministerin Manuela Schwesig dürften „Mitwisserinnen“ gewesen sein. „Es gibt mittlerweile zu viele wichtige Frauen, die man nicht einfach übergehen kann“, sagt ASF-Chefin Elke Ferner.
Kandidatinnen: Könnten SPD-Frauen Kanzlerin? Klar. Eine sollte es versuchen: Hannelore Kraft. Sie hat abgelehnt. Wer könnte noch? Zum Beispiel Schwesig und Arbeitsministerin Andrea Nahles. Schwesig wird immer mal wieder hinter den Kulissen für höhere Posten gehandelt. Beide Frauen wollten aber nicht. Schwesig hat zwei kleine Kinder. Nahles wird zu wenig Mut nachgesagt.
Immerhin: Brigitte Zypries ist [1][erste Wirtschaftsministerin der Republik]. Und SPD.
26 Jan 2017
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die CDU geht mit Gratis-Kitas in den Wahlkampf. Die SPD zieht mit der Familienarbeitszeit nach – sie soll auch die Pflege von Angehörigen abdecken.
Die NRW-SPD geht optimistisch in den Wahlkampf. Ministerpräsidentin Kraft setzt auf den Schulz-Effekt und grenzt sich von den Grünen ab.
Sigmar Gabriel hinterlässt eine zerrissene Partei. Was sich unter Martin Schulz ändern muss – und warum das am Ende auch Europa retten könnte.
Bei der Vorstellung des neuen Kanzlerkandidaten fand Thomas Oppermann deutliche Worte für Sigmar Gabriel – auf offener Bühne.
Die EU-GegnerInnen der AfD hoffen, dass Martin Schulz ihnen neue WählerInnen zutreibt. In der SPD sieht man das anders.
Parteien links von der AfD setzen im Bundestagswahlkampf auf proeuropäische Kandidaten. Die müssen nun etwas daraus machen.
Er startete als Provinzpolitiker. Seine Karriere in Brüssel beendete Martin Schulz als machtbewusster Präsident des Europäischen Parlaments.
Die Partei erhofft sich vom Kanzlerkandidaten Schwung für den Wahlkampf. Über politische Vorhaben sagt Martin Schulz bislang wenig.
Sigmar Gabriel, die tragische Gestalt, erweist der SPD einen Dienst. Nun muss Martin Schulz Wahlkampf für eine offene Gesellschaft machen.