taz.de -- Krieg in Syrien: In Paris wird geredet

In Frankreichs Hauptstadt findet am Samstag ein Treffen mehrerer Außenminister zum Thema Syrien statt. Derweil versucht der IS Palmyra zurückzuerobern.
Bild: Menschen versammeln sich, um gemeinsam das Viertel Al-Salhen in dem noch von den Rebellen gehaltenen Teil Ost-Aleppos zu verlassen (Aufnahme vom 8. Dezember)

Paris/Brüssel/new york/manama/Damaskus dpa | Vor dem Hintergrund der zugespitzten Lage in Aleppo beraten Außenminister großer westlicher Staaten und Länder aus der Region über die Lage in Syrien. Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) reiste am Samstagmorgen zu dem Treffen in Paris. Vertreten sind zehn Staaten, die auf der Seite der Rebellen gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad stehen – darunter die USA, Frankreich, die Türkei und Jordanien. Mit Blick auf mögliche Ergebnisse des rund dreieinhalbstündigen Treffens im Pariser Außenministerium hatten sich Diplomaten im Vorfeld sehr zurückhaltend gezeigt.

Im heftig umkämpften Aleppo erleiden Rebellen derzeit eine schwere Niederlage, die Lage der Zivilbevölkerung ist dramatisch. US-Außenminister John Kerry sprach am Freitagabend vor Journalisten in der amerikanischen Botschaft in Paris von der schlimmsten Situation „seit dem Zweiten Weltkrieg“. Er wolle die Bemühungen fortsetzen, um Aleppo vor der kompletten Zerstörung zu bewahren.

Inzwischen hat die EU wegen der anhaltenden Offensive syrischer Regierungstruppen auf Aleppo weitere Sanktionen angekündigt. Diese würden sich gegen verantwortliche Personen sowie Organisationen richten, die das Regime von Baschar al-Assad unterstützten, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in einer Stellungnahme vor Syrien-Konferenz. Die Verantwortlichen für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und mögliche Kriegsverbrechen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. „Straflosigkeit für solche Verbrechen darf nicht toleriert werden“, sagte Mogherini am Freitagabend. Die Europäische Union werde schnell handeln.

Mogherini verurteilte vor allem exzessive Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, Helfer und Mediziner sowie Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser. Das syrische Regime sei für den Schutz der Bevölkerung verantwortlich, betonte die Außenbeauftragte und forderte eine sofortige Waffenruhe.

UN-Vollversammlung fordert umgehende Feuerpause

Erst am Fraitag hatten nach gescheiterten Versuchen im UN-Sicherheitsrat, dem verheerenden Bürgerkrieg in Syrien ein Ende zu bereiten, Mitglieder der Vollversammlung zu eigenen Schritten gegriffen. Das 193 Staaten zählende Plenum verabschiedete am Freitag eine Resolution, die für Syrien eine umgehende Feuerpause und ein Ende willkürlicher Attacken auf Zivilisten fordert. Der Rat konnte sich bislang nicht einmal dazu durchringen, mittels Resolution ein Ende des Konflikts zu fordern.

Die mit 122 Ja-Stimmen angenommene Resolution ist politisch nicht bindend und dürfte die Lage am Boden daher auch nicht verändern. Sie belegt aber den Unmut der Weltgemeinschaft über die aussichtslose Lage in dem sechsjährigen Konflikt, den der Sicherheitsrat angesichts eines diplomatischen Patts bisher nicht lösen konnte. 13 Länder, darunter Russland, Nordkorea, Kuba und Simbabwe, stimmten gegen die Resolution, 36 Länder enthielten sich.

Nach einer Resolution aus dem Jahr 1950 kann das Plenum selbst tätig werden und Maßnahmen vorschlagen, sofern der Rat seine Pflicht nicht erfüllt, Frieden und Sicherheit in der Welt aufrecht zu erhalten.

USA schicken 200 zusätzliche Soldaten nach Syrien

Die USA wollen rund 200 zusätzliche Soldaten nach Syrien schicken, um den Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat zu unterstützen. Dabei handele es sich um Spezialkräfte, Ausbilder, Militärberater und Sprengstoffexperten, sagte US-Verteidigungsminister Ashton Carter am Sonntag auf einer Sicherheitskonferenz im Golfstaat Bahrain.

Die US-Truppe solle syrische Oppositionskräfte für die Rückeroberung der syrischen IS-Hochburg Al-Rakka ausbilden, ausrüsten und beraten. Die Soldaten kämen zu den 300 US-Spezialkräften hinzu, die bereits in Syrien stationiert seien, sagte Carter.

Diese Entscheidung sei „ein weiterer wichtiger Schritt, um unsere Partner in die Lage zu versetzen, dem IS eine bleibende Niederlage zuzufügen“, sagte Carter. Er betonte, dass die Oppositionstruppen nur noch 15 Kilometer von Al-Rakka entfernt seien.

An der Sicherheitskonferenz „Manama Dialog“ nimmt auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen teil. Sie wird am Mittag reden.

IS hat wichtige Gasfelder eingenommen

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat in Zentralsyrien erneut mehrere wichtige Gasfelder eingenommen. Zugleich rückten die Extremisten bis auf wenige Kilometer an die historische Oasenstadt Palmyra heran, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Samstag erklärte. Sie seien auf ihrem Vormarsch von Süden her nur noch acht Kilometer von der Stadt entfernt.

Der IS hatte Palmyra bereits in der Vergangenheit fast ein Jahr lang unter Kontrolle. Damals zerstörten die Extremisten zahlreiche einzigartige, rund 2000 Jahre alte Ruinen, die zum Unesco-Welterbe gehören. So sprengten sie die Tempel Baal und Bal-Schamin sowie den Triumphbogen. Im März dieses Jahres konnten Regierungstruppen Palmyra mit russischer Luftunterstützung wieder zurückerobern.

Nach heftigen Kämpfen mit syrischen Regierungstruppen hätten die Extremisten jetzt das Gasfeld Dschihar eingenommen, meldeten die Menschenrechtsbeobachter und armeenahe Kreise. Auch das IS-Sprachrohr Amak berichtete von dem Vormarsch der Terrormiliz.

Die regimenahe Nachrichtenseite Al-Masdar berichtete, die dort stationierten Nationalen Verteidigungskräfte (NDF) seien zum Rückzug gezwungen gewesen. Die Regierungskräfte hätten 100 Kämpfer verloren. Demnach schickte die Armee neue Truppen in die Region.

Der IS beherrscht im Norden und Osten Syriens trotz einiger Verluste noch immer große Gebiete. Die Terrormiliz hatte in dieser Woche eine Offensive in der Region um Palmyra begonnen und die Regimetruppen aus mehreren Richtungen angegriffen. Mittlerweile kontrolliert die Terrormiliz wieder mehrere Gasfelder, darunter Al-Schair.

Dieses hatten die Extremisten bereits 2014 sowie im Mai dieses Jahres zeitweilig unter Kontrolle. Die Gasanlagen wurden bei den Kämpfen schwer beschädigt. Die Gasfelder und Pipelines in der Region sind von zentraler Bedeutung für die Energieversorgung des Landes.

10 Dec 2016

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