taz.de -- Koalitionsverkehr I: Harmonie auf Radwegen

Offenbar plant Rot-Rot-Grün ein Mobilitätsgesetz mit großen Zugeständnissen an Radfahrer. Volksbegehren-Sprecher Strößenreuther freut sich.
Bild: Radler-Interessen finden bei den rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen offenbar Gehör

Der für 2017 geplante Fahrrad-Volksentscheid könnte ausfallen, weil der mutmaßliche künftige rot-rot-grüne Senat offenbar deutliche Zugeständnisse macht. „Das geht in die richtige Richtung“, sagte Heinrich Strößenreuther, Mitinitiator des Volksbegehrens, nachdem Ergebnisse aus den Koalitionsverhandlungen von SPD, Linkspartei und Grünen zum Thema Verkehr durchgesickert waren.

Der Tagesspiegel hatte zuvor berichtet, dass künftig 40 Millionen Euro jährlich in den Radverkehr fließen sollen, was den Zielen des Volksbegehrens entspricht. Strößenreuther und Kollegen hatten im Frühsommer binnen vier Wochen rund 90.000 gültige Unterstützungsunterschriften gesammelt, nötig für die zweite Stufe eines Volksbegehrens sind nur 20.000. Noch kein Berliner Begehren war derart erfolgreich gestartet – den zweitbesten Start hatte das Kita-Volksbegehren 2008, dessen Forderungen Senat und Abgeordnetenhaus angesichts von rund 60.000 Unterschriften übernahmen.

Anders aber als von der Radinitiative und vor der Wahl auch von den Grünen gefordert, plant Rot-Rot-Grün offenbar kein ausdrückliches Fahrrad-Gesetz, sondern nur ein allgemeines Mobilitätsgesetz. Dafür dürften die Sozialdemokraten verantwortlich sein: Der Regierende Bürgermeister und SPD-Landesvorsitzende Michael Müller hatte schon im Wahlkampf zwar betont, dass er selbst durchaus auch Radler sei, er aber keine Verkehrsteilnehmergruppe zulasten einer anderen benachteiligen wolle.

Für Strößenreuther ist das kein Problem: Entscheidend ist aus seiner Sicht nicht der Name, sondern der Inhalt des Gesetzes. Unabdingbar für ihn ist, dass es darin einen Zwang gibt, die Radwege und sonstigen Verbesserungen auch zu verwirklichen. Einwände, es stünden möglicherweise nicht genug Baufirmen dafür zur Verfügung, mag er nicht gelten lassen: „Da schreibt man 1.600 Kilometer Radwegbau aus“, dann kriege man einen großen Baukonzern, „und der mache das gerne“, sagte er der taz.

Womit Strößenreuther durchaus leben kann, ist der offenbar geplante Verzicht auf einen Rad-Schnellweg von Mitte nach Zehlendorf auf der früheren Strecke der sogenannten Stammbahn vom Potsdamer Platz nach Kleinmachnow und Potsdam – in Teilen parallel zur S-Bahn-Linie 1. Die Rad-Initiative habe zwar insgesamt acht solcher Verbindungen gefordert, sich aber nicht auf bestimmte Strecken festgelegt, sagte Strößenreuther.

Dass Rot-Rot-Grün auf die naheliegende Verbindung längs der S1 verzichtet, für die sowohl Innovationsexperten vom Euref-Campus wie auch die Zehlendorfer CDU Pläne entwickelt haben, kommt überraschend. Denn als größtes Hindernis dafür galt eine Wiederbelebung der Stammbahn. Die aber soll es offenbar in absehbarer Zeit genauso wenig geben.

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Stefan Alberti

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