taz.de -- Nach den Terroranschlägen: Brüssels Flughafen bleibt geschlossen

Neue Sicherheitsmaßnahmen verzögern die Wiedereröffnung. Athens Polizei fand schon im Januar 2015 Hinweise auf ein geplantes Attentat in Brüssel.
Bild: Abgeriegelt: Brüssels Flughafen Zaventem

BRÜSSEL/PARIS/ATHEN dpa | Die Wiedereröffnung des Brüsseler Flughafens verzögert sich nach den Terrorangriffen weiter. Vor Dienstag werden Passagierflüge am dortigen Flughafen Zaventem nicht starten oder landen, wie der Airport am Samstag mitteilte. Der Flughafen habe mit den Vorbereitungen für neue Sicherheitsmaßnahmen begonnen, die von der Regierung beschlossen worden seien. Welche Maßnahmen darunter genau zu verstehen sind, wurde zunächst nicht bekannt.

Der Flughafen ist einer der beiden Orte, an denen Attentäter am Dienstag Bomben zündeten und mehr als 30 Menschen getötet und rund 300 verletzt wurden. Die Abflughalle wurde durch zwei Explosionen schwer beschädigt. Wann der Wiederaufbau beginnen kann, ist nach Angaben der Flughafenleitung nach wie vor unklar.

Die richterlichen Untersuchungen am Flughafen seien mittlerweile abgeschlossen. Das Unternehmen habe die Genehmigung bekommen, Freitagnachmittag mit einer kleinen Gruppe von Ingenieuren das Gebäude zu untersuchen, um den entstanden Schaden zu begutachten.

Noch flüchtig: dritter Mann mit heller Jacke und Hut

Unterdessen fahnden die Behörden weiter nach Komplizen und Hintermänner der Selbstmordattentäter von Brüssel. Zuletzt wurden in Belgien, Frankreich und Deutschland fast ein Dutzend Verdächtige festgenommen. Noch flüchtig ist zum Beispiel der dritte Mann mit heller Jacke und Hut, der auf Bildern einer Flughafen-Überwachungskamera mit den beiden mutmaßlichen Selbstmordattentätern zu sehen ist. Außerdem könnte auch der Attentäter in der Metro-Station Maelbeek einen Komplizen gehabt haben.

Der französische Präsident François Hollande warnte trotz der Fahndungserfolge bei Polizeiaktionen gegen islamistische Terroristen in Frankreich und Belgien vor einer anhaltenden Bedrohung. Mit den Razzien in Paris und Brüssel werde die für die Terrorattacken in beiden Städten verantwortliche Verbindung zerschlagen, sagte er am Freitag. Gleichzeitig warnte Hollande: „Wir wissen, dass es andere Netzwerke gibt.“

Bundesjustizmister Heiko Maas hält Terroranschläge in Deutschland für möglich. „Wir dürfen uns nicht darauf verlassen, dass der internationale Terrorismus eine Dauerschleife um Deutschland herum zieht“, sagte der SPD-Politiker der Saarbrücker Zeitung. Die Bundesrepublik sei seit längerer Zeit ein potenzielles Anschlagsziel.

Allein in Belgien gab es bis Freitagnachmittag acht Festnahmen. In Paris wurde ein Mann gefasst und damit nach Regierungsangaben ein Anschlagsplan vereitelt. In Deutschland nahm die Polizei zwei Männer fest, die zum Umfeld der Brüssel-Attentäter gehören könnten. Offiziell bestätigten die Behörden am Freitag zwei Festnahmen in Gießen und im Raum Düsseldorf, wollten sich aber nicht zu Details äußern.

Die Brüsseler Attentäter sollen Verbindungen zu den islamistischen Drahtziehern der Anschläge von Paris und Saint-Denis gehabt haben, bei denen am 13. November 130 Menschen ermordet wurden.

Karte von Brüsseler Airport in Athener Wohnung

Bekannt wurde auch, dass die griechische Polizei bereits im Januar 2015 in zwei Wohnungen in Athen Pläne entdeckt haben soll, die auf einen Terroranschlag auf dem Flughafen von Brüssel hindeuteten. Schon damals seien die belgischen Behörden informiert worden, berichtete der Athener Nachrichtensender Skai am Samstag unter Berufung auf die griechische Polizei. Unter anderem sei eine Karte des Flughafens von Brüssel gefunden worden. Eine offizielle Erklärung der Polizei dazu gab es zunächst nicht.

Dem Bericht zufolge wurden die Unterlagen in Wohnungen entdeckt, die von Islamisten angemietet worden waren. Nach den Anschlägen von Paris im November habe sich herausgestellt, dass es sich bei einem der Männer um Abdelhamid Abaaoud gehandelt habe, meldete der Sender. Abaaoud gilt als mutmaßlicher Drahtzieher der Pariser Anschläge. Er wurde im November wenige Tage nach Terrorserie bei einem dramatischen Anti-Terror-Einsatz im Pariser Vorort Saint-Denis getötet.

Abaaoud hatte auf seinen Reisen quer durch Europa auch eine Wohnung in Athen gemietet. Die französische Polizei hatte nach seinem Tod eine DNA-Probe des 27 Jahre alten Terroristen an die griechischen Behörden übermittelt. Damals war im Zuge der Ermittlungen in einer anderen Wohnung auch ein 33-jähriger Mann festgenommen worden, den die griechischen Behörden anschließend nach Belgien überstellten.

Belgien will Anti-IS-Koalition stärker unterstützen

US-Außenminister John Kerry sicherte Belgien und Europa amerikanische Unterstützung im Kampf gegen den Terror zu. „Wir werden jede erforderliche Hilfe leisten, um diese abscheulichen Taten aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen“, sagte er bei einem kurzfristig angesetzten Besuch in der belgischen Hauptstadt. Als Schlüsselelement für den Kampf gegen den islamistischen Terrorismus nannte Kerry die Zerstörung des sogenannten Islamischen Staates (IS) in Syrien und im Irak.

Der belgische Premierminister Charles Michel kündigte am Rande eines Gespräches mit Kerry an, Belgien ziehe eine zusätzliche Unterstützung der US-geführten Koalition gegen den IS in Erwägung. Es werde entsprechende Gespräche in der Regierung und im Parlament geben. Nach bisherigen Absprachen wird Belgien im Sommer wieder F-16-Kampfjets für Angriffe gegen den IS im Irak zur Verfügung stellen.

26 Mar 2016

TAGS

Schwerpunkt Islamistischer Terror
Brüssel
Heiko Maas
John Kerry
Charles Michel
Belgien
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Schwerpunkt Islamistischer Terror
„Islamischer Staat“ (IS)
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Belgien
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Schwerpunkt Islamistischer Terror

ARTIKEL ZUM THEMA

Ermittlungen nach Anschlägen in Brüssel: Weitere Anti-Terror-Razzien

Die Polizei nimmt in Belgien mehrere Verdächtige fest. Ein Zusammenhang mit den Anschlägen von Brüssel wird von der Staatsanwaltschaft zunächst nicht bestätigt.

Fahndungen nach Anschlägen in Brüssel: Terrorverdächtiger in Italien verhaftet

Die Suche nach dem Netzwerk geht weiter: In Italien wurde ein Algerier festgenommen. Er soll mit gefälschten Pässen die Einreise mutmaßlicher Täter ermöglicht haben.

Nach den Attentaten in Brüssel: Anti-Gewalt-Demo verschoben

Die Organisatoren wollten ein Zeichen gegen Extremismus setzen. Doch der Innenminister riet von einer Teilnahme ab. Gegen drei Verdächtige wurde Haftbefehl erlassen.

Attentäter vom Brüsseler Flughafen: Dritter Mann offenbar gefasst

Laut Medien soll es sich um Fayçal C. handeln. Er sei von einem Taxifahrer identifiziert worden. Der EU-Anti-Terror-Beauftrage warnt vor Anschlägen auf belgische AKW.

Europa gegen den Terrorismus: Vom Primat des Politischen

Über die Existenzvoraussetzungen des alten und des neuen Terrorismus. Oder wie sich der Dschihadismus am effektivsten bekämpfen lässt.

EU-Grüner über Sicherheit: „Mehr Geld und mehr Polizei nötig“

Jan Philipp Albrecht fordert eine bessere Zusammenarbeit in der EU, mehr Geld und Personal. Sozialarbeiter sollen Brennpunkte ausspähen.

Nach den Anschlägen in Belgien: Kontrollierte Explosionen in Brüssel

Bei einem weiteren Großeinsatz der Polizei in Brüssel wurden drei Personen in Gewahrsam genommen. Experten leiteten kontrollierte Sprengungen ein.

Festnahmen nach Brüssel-Anschlägen: Spuren führen nach NRW und Hessen

Hatten die Attentäter aus Brüssel Verbindungen zu Extremisten in Deutschland? Zwei Terror-Verdächtige sind in Deutschland festgenommen worden.

Terroranschläge in Brüssel: Das Grauen der Gewöhnung

Allmählich zieht der Terror ein in das alltägliche Leben Europas. Kann man sich daran gewöhnen? Und ist das vielleicht sogar gut?