taz.de -- Nach den Anschlägen in Belgien: Kontrollierte Explosionen in Brüssel

Bei einem weiteren Großeinsatz der Polizei in Brüssel wurden drei Personen in Gewahrsam genommen. Experten leiteten kontrollierte Sprengungen ein.
Bild: Brüssel-Schaerbeek am Freitag: Ein Experte in Schutzkleidung untersucht einen verdächtigen Gegenstand

Brüssel rtr | Die Anschläge von Brüssel mit 31 Toten haben zu einer Serie von Polizeirazzien und Festnahmen geführt. In der belgischen Hauptstadt wurden am Freitag Ermittlern zufolge drei Personen in Gewahrsam genommen. Bei einer der Festnahmen kam es durch kontrollierte Sprengungen zu mehreren Explosionen. Der belgische Sender RTBF berichtete, einer der Festgenommenen habe einen Koffer mit Sprengstoff bei sich getragen.

Auch in Deutschland wurden zwei Personen festgesetzt: In Gießen wurde laut Staatsanwaltschaft ein 28-jähriger Marrokaner aufgegriffen, in Düsseldorf ein Gleichaltriger aus der Salafisten-Szene. Bei dem Anschlag am Brüsseler Flughafen kam der Polizei zufolge am Dienstag auch eine Frau aus Aachen ums Leben.

Im Brüsseler Stadtteil Schaerbeek riegelten schwer bewaffnete Polizisten eine größere Kreuzung ab. Der Sender RTL berichtete unter Berufung auf einen Augenzeugen, die Polizei habe eine Person an einer Straßenbahnhaltestelle aufgefordert, ihre Jacke auszuziehen. „Sie wollten ohne Zweifel überprüfen, ob die Person einen Sprengstoffgürtel trug.“

Dem Bürgermeister von Schaerbeek, Bernard Clerfayt, zufolge steht der Festgenommene in Verbindung zu Anschlägen in Brüssel. Ermittler gehen davon aus, dass die Attacken auf das Konto derselben Islamisten-Gruppe gehen wie die Anschläge im November in Paris mit 130 Toten.

Die Staatsanwaltschaft teilte mit, zwei der drei am Freitag Festgenommenen seien am Bein verletzt worden. Alle drei stünden in Verbindung zu neuen Anschlagsplänen in Frankreich. Zuvor war französischen Spezialkräften ein mutmaßlicher Extremist ins Netz gegangen. Der Franzose stehe im Verdacht, zu einer Gruppe zu gehören, die einen Anschlag vorbereitet habe, sagte Innenminister Bernard Cazeneuve.

Erfolge bei der Fahndung

In Belgien waren bereits am Donnerstag sechs Verdächtige festgesetzt worden, laut Ermittlern sind drei von ihnen inzwischen wieder auf freiem Fuß. Ermittlungskreisen zufolge könnte unter den Festgenommenen auch ein Komplize des mutmaßlichen Selbstmordattentäters Khalid El Bakraoui sein, der sich in der U-Bahn-Station Maelbeek in die Luft gesprengt hat. Aufnahmen von Überwachungskameras zeigen den Mann offenbar neben El Bakraoui, dessen Bruder Ibrahim den Ermittlungen zufolge die Opfer am Brüsseler Flughafen mit in den Tod riss.

Auch bei der Identifizierung des zweiten Selbstmordattentäters im Brüsseler Flughafen meldeten die Ermittler Erfolge: Die Staatsanwaltschaft bestätigte am Freitag Medienberichte, dass es sich bei ihm um Najim Laachraoui gehandelt habe. Das hätten DNA-Tests ergeben.

Die Gießener Staatsanwaltschaft teilte mit, bei dem inzwischen verhafteten Marokkaner hätten Dokumente darauf schließen lassen, dass er sich zuletzt auch in der Umgebung von Brüssel aufgehalten habe. Zudem werde sein Handy untersucht. Einer Spiegel-Meldung zufolge sind darauf zwei verdächtige SMS-Kurznachrichten vom Tag der Anschläge in Brüssel.

Verhaftung in Düsseldorf

In Düsseldorf wurde ein 28-Jähriger aus der Salafisten-Szene verhaftet. Anlass für die Vollstreckung des Haftbefehls wegen Bandendiebstahls seien aber nicht die Brüsseler Attentate gewesen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die einzige denkbare Verbindung sei, dass der Mann ebenso wie einer der mutmaßlichen Attentäter einst von der Türkei an der Weiterreise gehindert und nach Amsterdam abgeschoben worden sei.

Die Aachener Polizei teilte mit, die als vermisst geltende Ehefrau eines Aacheners sei unter den Toten identifiziert worden. Die Frau sei Deutsche, habe aber eine doppelte Staatsbürgerschaft. Ihr Mann sei bei den Anschlägen verletzt worden und werde in einem belgischen Krankenhaus behandelt.

25 Mar 2016

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