taz.de -- EU-Gipfel in Brüssel: Der Starrsinn regiert

Nach langen Verhandlungen vertagen die Staatschefs der Europäischen Union die Flüchtlingskrise. Der Brexit ist noch nicht vom Tisch.
Bild: Das passiert mit David Cameron, wenn er zu lange über die EU nachdenkt.

Brüssel taz | Die Fliehkräfte in der Europäischen Union werden immer größer. Zwar versuchten die 28 Staats- und Regierungschefs am Freitag in Brüssel, Großbritannien weitgehende Zugeständnisse zu machen, um das Land in der EU zu halten und einen Brexit zu verhindern.

Doch mehrere Stunden nach dem ausgedehnten Frühstück gab es immer noch keine Einigung. Schlimmer noch: Während Premier David Cameron um Details wie Einschränkungen bei der Sozialhilfe und beim Kindergeld für EU-Ausländer rang, wurde eine neue Umfrage bekannt. 36 Prozent der Briten sind demnach für den „Brexit“, nur 34 Prozent möchten in der EU bleiben. Bei dem für Juni geplanten Referendum droht also eine Niederlage.

Für Wirbel sorgten auch Österreich und Griechenland. Die Alpenrepublik setzte sich über Warnungen von Kanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hinweg und führte noch während des Gipfeltreffens eine neue tägliche Obergrenze ein. Seit Freitag würden an Österreichs Südgrenze nur noch maximal 80 Asylbewerber pro Tag akzeptiert, so die Polizei. Zuvor hatte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner Merkels „Club der Willigen“ für gescheitert erklärt.

Griechenland drohte sogar, den Deal mit den Briten zu blockieren, wenn die EU nicht garantiere, die Grenze zu Mazedonien offen zu halten. Premierminister Alexis Tsipras fürchtet offenbar, dass Österreich gemeinsam mit den osteuropäischen Visegrád-Staaten alle Übergänge dicht machen könnte. Die Flüchtlinge säßen dann in Griechenland fest.

Trotz dieser Spannungen zog Merkel eine positive Zwischenbilanz. „Ich bin sehr zufrieden mit der Diskussion“, sagte die Kanzlerin mit Blick auf die Beschlüsse zur Flüchtlingskrise. Sie hatte einen weiteren EU-Sondergipfel durchgesetzt – Anfang März, kurz vor den Landtagswahlen in Deutschland.

Merkel schweigt zum Kurdenkonflikt

An diesem Gipfel soll auch wieder der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu teilnehmen, der diesmal wegen des Terroranschlags in Ankara verhindert war. Gemeinsam mit der Türkei werde man dann eine Zwischenbilanz zur Flüchtlingskrise ziehen, so Merkel. Die Umsetzung des Aktionsplans, der eine Abschottung der türkischen-griechischen Seegrenze vorsieht, „bleibt ein vorrangiges Ziel“, heißt es im Gipfelbeschluss.

Zum Kurdenkonflikt sagte Merkel in Brüssel kein Wort. Auch die Blockade an der syrisch-türkischen Grenze, wo Tausende Flüchtlinge festsitzen, spielte keine Rolle. Denn die Türkei, das hat die Kanzlerin durchgesetzt, gilt nun ganz offiziell als „Schlüsselland“ bei der „Sicherung der Außengrenzen“, wie es im EU-Jargon heißt. Auch der umstrittene Einsatz der Nato in der Ägäis wurde auf dem Gipfel abgesegnet.

Rückendeckung erhielt Merkel von der Chefin der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms. „Ohne Verständigung mit der Türkei wird es nicht gehen, so sehr man sie wegen der Innenpolitik kritisiert“, sagte sie der taz. Der geplante Deal mit Cameron könne aber noch auf Widerstand im Parlament stoßen

19 Feb 2016

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Eric Bonse

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