taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Chemiewaffen herbeigeredet?
Russland und USA suchen nach einer gemeinsamen Syrien-Strategie. Der Chef des Bundeswehrverbandes warnt vor dem Herbeireden einer Militärintervention in Syrien.
DUBLIN/AUGSBURG dapd/afp | Angesichts der wachsenden Sorge vor einem Chemiewaffeneinsatz des syrischen Regimes bemühen sich Washington und Moskau um eine gemeinsame Strategie zur Beendigung des blutigen Bürgerkriegs in dem Land.
Am Rande einer Menschenrechtskonferenz in Dublin kamen US-Außenministerin Hillary Clinton und ihr russischer Amtskollege Sergej Lawrow am Donnerstag zu einem gemeinsamen Treffen mit dem Syrien-Sondergesandten Lakhdar Brahimi zusammen. Dabei sei über Möglichkeiten gesprochen worden, Syrien vor dem Abgrund zu retten, sagte Brahimi nach dem rund 40-minütigen Treffen.
„Wir haben keine sensationellen Entscheidungen getroffen. Aber ich denke, wir sind übereingekommen, dass die Situation schlimm ist“, sagte Brahimi weiter. Einig sei man sich auch, dass man weiter zusammenarbeiten müsse, um die Lage unter Kontrolle zu bringen und die Krise letztlich zu lösen. Zuvor hatte Clinton erklärt, dass Moskau und Washington ein gemeinsames Ziel verfolgten. „Wir haben uns bemüht, mit Russland zusammenzuarbeiten, um das Blutvergießen in Syrien zu beenden und einen politischen Übergang für ein Syrien nach Assad zu beginnen.“
Aus Kreisen der US-Regierung verlautete, Clinton und Lawrow hätten Unterstützung für die Bemühungen Brahimis signalisiert und sich zu einem weiteren Treffen in der kommenden Woche breit erklärt, das unter Leitung des Syrien-Sondergesandten stattfinden solle. Dabei solle gemeinsam mit ranghohen Vertretern der USA und Russlands über das weitere Vorgehen beraten werden, hieß es.
Das Treffen am Donnerstag nährte zumindest die Hoffnung, dass Russland und die USA, die in der Syrien-Frage sehr unterschiedliche Positionen einnehmen, doch noch zu einem Kompromiss gelangen könnten.
Russland hatte bisher gemeinsam mit China scharfe Resolutionen gegen Syrien im UN-Sicherheitsrat verhindert. Doch auch Russland hat die Möglichkeit eines Chemiewaffeneinsatzes verurteilt. Und auch der zunehmende Druck auf Staatschef Baschar al Assad durch die Rebellen ließ den Westen zuletzt hoffen, dass Moskau ihm seine Unterstützung entziehen könnte.
Chemiewaffen müssen gesichert werden
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief Assad erneut auf, unter allen Umständen auf einen Einsatz chemischer Waffen zu verzichten. In einem Schreiben an Assad habe der UN-Chef auf die „grundlegende Verantwortung“ des syrischen Regimes verwiesen, für die Sicherung derartiger Waffen zu sorgen, sagte UN-Sprecher Martin Nesirky am Donnerstag.
Besorgt äußerte sich der Chef des Bundeswehrverbands, Ulrich Kirsch, über die Stationierung von 400 deutschen Soldaten an der türkisch-syrischen Grenze und den Spekulationen über einen möglichen Einsatz von Chemiewaffen. Es stelle sich die Frage, „ob da etwas herbeigeredet werden“ solle, sagte er in der Augsburger Allgemeinen. Laut Kirsch wäre eine Militärintervention erst dann angemessen, wenn die Regierung in Damaskus „massiv Gift wie Sarin einsetzen würde“. Die „Verhältnismäßigkeit“ müsse gegeben sein.
Die Bundesregierung müsse die offenen Fragen, die der Einsatz mit sich bringe, „sehr schnell beantworten“, forderte der Bundeswehrverbandschef. Auch der Bundestag müsse sich kommende Woche mit allen Aspekten der Stationierung des NATO-Patriot-Raketensystems und der Entsendung der Bundeswehrsoldaten befassen. Auch der Öffentlichkeit müsse „reiner Wein eingeschenkt“ werden, fügte der Soldatenvertreter hinzu.
7 Dec 2012
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