taz.de -- Möglicher Chemiewaffeneinsatz Syriens: Obama warnt vor „tragischem Fehler“

Barack Obama und Hillary Clinton warnen Baschar Assad vor dem Einsatz von Chemiewaffen. Syriens Außenminister zieht Parallelen zu den Vorwürfen der USA vor dem Irak-Krieg.
Bild: Friedensnobelpreisträger at work: Obama bei seiner Rede am Montag in Washington

WASHINGTON afp | US-Präsident Barack Obama hat die Regierung des syrischen Staatschefs Baschar Assad vor dem Einsatz von Chemiewaffen gewarnt. Das wäre ein „tragischer Fehler“, der Folgen haben werde, wobei die Verantwortung dafür Assad und seine Gefolgsleute trügen, sagte Obama am Montag in einer in Washington gehaltenen Rede. Die EU reduziert ihre Präsenz in Syriens Hauptstadt Damaskus auf ein Minimum, auch die Uno verringert ihre Aktivitäten.

„Wir können nicht zulassen, dass das 21. Jahrhundert sich durch die schlimmsten Waffen des 20. Jahrhunderts verfinstert“, sagte Obama in seiner Rede. Die US-Regierung werde „weiterhin die legitimen Bestrebungen der Syrer unterstützen, mit der Opposition zusammenarbeiten, ihnen humanitäre Hilfe liefern und auf ein vom Assad-Regime befreites Syrien hinarbeiten“.

Der jordanische Außenminister Nasser Dschudeh sagte in der US-Hauptstadt, der Einsatz von Chemiewaffen würde „die Spielregeln verändern“. Damaskus wisse, „dass die internationale Gemeinschaft das nicht akzeptieren würde“ – weder gegen das syrische Volk noch gegen Nachbarländer und auch nicht, wenn die Waffen in falsche Hände gerieten. In Syriens Nachbarland Jordanien ist seit einigen Monaten eine 150 Mann starke US-Task-Force stationiert, darunter Soldaten von Spezialkommandos.

Stunden zuvor hatte bereits US-Außenministerin Hillary Clinton Syrien davor gewarnt, die chemischen Waffen aus den Arsenalen des Landes einzusetzen. Ein C-Waffen-Einsatz sei eine „rote Linie“ für die USA, sagte Clinton bei einem Besuch in Prag. Washington habe Reaktionen auf einen solchen Fall vorbereitet.

Die New York Times berichtete über Hinweise auf Vorbereitungen für einen Einsatz der Chemiewaffen durch die syrische Seite. Aus Regierungskreisen in Washington hieß es, das syrische Militär habe möglicherweise mit der Mischung von Chemikalien begonnen, die für das Nervengas Sarin benötigt würden.

Syrien weist alle Vorwürfe zurück

Das Außenministerium in Damaskus erklärte, Syrien werde „diese Art Waffen, wenn es welche davon besitzt, unter keinen Umständen gegen sein Volk einsetzen“. Der syrische Außenminister Walid al-Muallim hatte den USA im Oktober vorgeworfen, die Debatte über das Chemiewaffenarsenal seines Landes als Vorwand für ein militärisches Eingreifen in Syrien nutzen zu wollen.

Al-Muallim zog dabei eine Parallele zum Irak-Krieg von 2003, zu dessen Rechtfertigung die USA unter anderem das angebliche Chemiewaffen-Arsenal Bagdads angeführt hatten. Dies stellte sich nach der Invasion als falsch heraus.

Syrien dagegen verfügt Experten zufolge über beträchtliche C-Waffen-Bestände aus den 1970er Jahren. Mit mehreren hundert Tonnen seien sie die größten im Nahen Osten, unter anderem lagere Syrien Nervengas. Die syrische Führung erklärte Ende Juli, Chemiewaffen im Fall eines Angriffs aus dem Ausland einsetzen zu wollen, nicht aber gegen die eigene Bevölkerung. Es war das erste Mal, dass Damaskus offen den Besitz von Chemiewaffen einräumte. Obama drohte daraufhin im August erstmals direkt mit einem militärischen Eingreifen in Syrien.

Die Europäische Union fährt ihre diplomatische Präsenz in Damaskus „aus Sicherheitsgründen“ auf „ein Minimum“ herunter. Das erklärte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Montag in Brüssel. Zuvor hatten die Vereinten Nationen angekündigt, „nicht zwingend notwendige Mitarbeiter“ angesichts der Sicherheitslage aus Syrien abzuziehen.

4 Dec 2012

TAGS

Schwerpunkt Syrien
Barack Obama
Hillary Clinton
Chemiewaffen
Baschar al-Assad
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien
Flüchtlinge
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt Syrien

ARTIKEL ZUM THEMA

Wege aus dem syrischen Krieg: Militärischer Abnutzungsaufstand

Die Wahl zwischen Frieden und Krieg gibt es für Syrien nicht mehr. Iranische Offizielle sagen privat, dass Assad nicht mehr ewig Präsident ist.

Bürgerkrieg in Syrien: Chemiewaffen herbeigeredet?

Russland und USA suchen nach einer gemeinsamen Syrien-Strategie. Der Chef des Bundeswehrverbandes warnt vor dem Herbeireden einer Militärintervention in Syrien.

Flüchtlinge aus Syrien: Leben im Niemandsland

An der Grenze zwischen Syrien und der Türkei sitzen 7.000 Menschen fest. Sie leben unter elenden Bedingungen. Jetzt drohen Krankheiten.

UNO zieht aus Syrien ab: Bis auf Weiteres abwesend

Der UNO ist es in Syrien zu gefährlich und zieht ab. Der syrische Außenamtssprecher hat seinen Posten aufgegeben. Die NATO berät über Raketenstationierung.

Debatte Syrien: Zeit, zu handeln

Der Opposition fehlt es an Geld und internationalem Vertrauen. Dabei ist sie der Garant dafür, dass am Ende nicht die Dschihadisten gewinnen.

Debatte Syrien: Eingreifen! Jetzt!

Das Morden in Syrien kann nur mit einer militärischen Intervention eingedämmt werden. Die Feigheit der Politik fordert immer mehr Opfer.

Kommentar Obamas Drohung gegen Syrien: Nichts als Nebelkerzen

Und wieder wird eine neue Runde internationale Scheindebatte gedreht. Dieses Mal: Obama droht mit Militärschlag. Dem Assad-Regime ist das egal.

US-Präsident droht Assad mit Militäreinsatz: Obamas „rote Linie“

Die „rote Linie“ wird überschritten, sobald Syrien einen Chemiewaffeneinsatz auch nur vorbereitet, sagt Barack Obama. Dann droht dem Assad-Regime ein US-Militärschlag.