taz.de -- Werbung für die „Sportschau“: Dumpf bleiben

In der neuen Werbung für die ARD-„Sportschau“ verdient sich ein deutscher Bubi Respekt in einem rustikalen englischen Pub. Oder auch nicht.
Bild: Michel freut sich, denn er hat sich Respekt verdient.

Es war nicht mutig, aber doch verdienstvoll, als Bundesliga-Präsident Reinhard Rauball im Vorfeld der neuen Saison zu Protokoll gab, er sehe die Zeit für ein Outing eines homosexuellen Fußballers noch nicht gekommen. „Das ist beschämend, aber meine hundertprozentige Überzeugung, allen Sonntagsreden zum Trotz“, sagt er der Sport-Bild.

Angesichts der neuen Werbung für die ARD-„Sportschau“ muss man ergänzen: Nicht mal in Sonntagsreden, sprich in öffentlich-rechtlichen Kampagnen, ist man willens, den Fußball anders denn als Spielwiese deutscher Debilität zu präsentieren.

Auf den Plakaten ist ein Bubi im „Sportschau“-Trikot zu sehen, der von zwei Muskelbergen und einem Skinhead eingerahmt ist. Er lacht, denn er hat sich Respekt verdient, wie in einem Button mitgeteilt wird. Durch seinen Mut, ein grauenhaftes Shirt zu tragen? Weil er seine Freundin nicht mitgebracht hat? Oder hat er zusammen mit den anderen gerade einen Nicht-Weißen aus der Kneipe geprügelt?

Der TV-Spot klärt auf: Der deutsche Michel traut sich, in einem englischen Pub, der an eine Bergarbeiter-Kneipe der Vor-Thatcher-Ära erinnert, die „Sportschau“ anzuschalten, und bekommt dafür anerkennende Prankenhiebe auf die Schultern.

So was hält man bei der ARD für ein „aufmerksamkeitsstarkes Motiv“ – und damit hat man recht, wenn man sich geistig in den Grenzen eines Werbeumfelds von Bier bis Baumarkt verortet.

Es ist der Pestatem der deutschen Provinz, der einem aus dieser „Sportschau“-Kampagne entgegenweht – genau wie im letzten Jahr bei der Neandertaler-Hausfrau aus Knetmasse oder beim „Ball-sauber-Spot“ zur diesjährigen Frauen-WM bei der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz ZDF.

13 Aug 2013

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Ambros Waibel

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