taz.de -- Ungarische Minderheit in Rumänien: Großdemonstrationen für Autonomie

Die in Rumänien lebenden Ungarn fordern ein Recht auf Autonomie. Dafür gingen am Sonntag Zehntausende auf die Straße – in Rumänien und in Ungarn.
Bild: Die Demonstranten haben eine Szekler Flagge von 250 Metern zwischen den rumänischen Dörfern von Reci und Moacsa gespannt.

BUKAREST/BUDAPEST dpa | Zehntausende Menschen haben am Sonntag in Ungarn und in Rumänien friedlich für eine Autonomie der rund 1,2 Millionen in Rumänien lebenden Ungarn demonstriert. Im rumänischen Siebenbürgen, dem Hauptsiedlungsgebiet der ethnischen Ungarn, bildeten mehr als 100.000 Menschen eine 54 Kilometer lange Kette zwischen zwei Dörfern. Organisiert hatten dies gemeinsam die gemäßigte rumänischen Ungarn-Partei UDMR und kleinere radikalere Gruppen.

In Budapest und in anderen Städten Ungarns demonstrierten Tausende aus Solidarität, auf Initiative von Anhängern der rechtsnationalen Regierung Ungarns, aber auch unterstützt von der links-liberalen Opposition. Die Kundgebung endete vor der rumänischen Botschaft in Budapest.

Die Lage der in Rumänien lebenden ethnischen Ungarn ist Wahlkampfthema im benachbarten Mutterland. Dort erhofft der rechtsnationale Ministerpräsident Viktor Orban bei der Parlamentswahl im nächsten Frühjahr viele Stimmen der Auslandsungarn. Diese genießen in Ungarn ein aktives Wahlrecht.

Die Menschenkette zwischen den Dörfern Chichis und Bretcu führte durch das „Szeklerland“ – eine verarmte Region innerhalb von Siebenbürgen, Hauptsiedlungsgebiet der ethnischen Ungarn, die sich dort „Szekler“ nennen. Die Polizei regelte derweil den Verkehr, Krankenwagen standen vorsichtshalber bereit.

Der Vorsitzende des „Nationalen Rats der Szekler“, Balazs Izsak, verlangte in einer „Proklamation“ die Selbstverwaltung des „Szeklerlands“ und drohte widrigenfalls mit „zivilem Ungehorsam“. Die Szekler befürchten, dass ihre Region durch eine geplante Verwaltungsreform zerstückelt und Gebieten mit mehrheitlich rumänischer Bevölkerung zugewiesen wird. Die Demonstration vom Sonntag folgte einer Szekler-Tradition, nach der im Herbst stets des lokalen Helden Aron Gabor (1814-1849) gedacht wird, der im ungarischen Freiheitskampf gegen die Habsburger fiel.

Rumäniens Senatspräsident Crin Antonescu bezeichnete es am Sonntag als inakzeptabel, dass in Rumänien die Bildung einer ethnischen „Enklave“ auch nur „simuliert“ wird. Der liberale Politiker gilt als schärfster Nationalist in Rumäniens Regierung.

28 Oct 2013

TAGS

Rumänien
Ungarn
Demonstrationen
Autonomie
Rumänien
Viktor Orbán
Statue
Ungarn
Georgien
Statistisches Bundesamt
Fracking

ARTIKEL ZUM THEMA

Umweltproteste in Rumänien: Kabelklau und Schiefergas

Der Konzern Chevron will im rumänischen Pungesti Schiefergas fördern. Die Allianz der Gegner wird breiter, der Widerstand lauter. Nun ist Aktionstag.

Freie Theaterszene in Ungarn: Mehr als Dokumentardramen

Ungarns Regierungschef Orban krempelt nicht nur die Politik um, sondern auch die Kultur. Das unabhängige Theater hat es immer schwerer.

Statue in Györ: Radnoti-Denkmal zerstört

Unfall mit Fahrerflucht oder rechtsextremer Anschlag? Die Statue des ungarischen Lyrikers und Holocaust-Opfers Miklos Radnoti wurde beschädigt.

Repression in Ungarn: Szolidaritas unter Druck

Ungarns Polizei ermittelt wegen „Rowdytums“ bei einer Demonstration der Opposition. Im nächsten Frühjahr stehen Parlamentswahlen an.

Präsidentenwahl in Georgien: Ein Schritt in Richtung Demokratie

Das Lager von Regierungschef Iwanischwili triumphiert. Das künftige Staatsoberhaupt Margwelaschwili will den Westkurs seines Landes beibehalten.

Vorurteile gegen Roma: „Diskriminieren, wo es geht“

Das Bild von den armen, arbeitssuchenden Rumänen, die massenhaft in Berlin einreisen, ist antiziganistisch, sagt Marius Krauss vom Verein Amaro Foro.

Einwanderung nach Deutschland: Höchster Zuwachs seit 20 Jahren

Mehr als sieben Millionen Zuwanderer leben momentan in Deutschland. Das sind rund 4,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Viele von ihnen kommen aus Süd- und Osteuropa.

Bevölkerung verhindert Gasbohrungen: Chevron frackt nicht in Rumänien

Der Energiekonzern Chevron hat ein Fracking-Projekt in Rumänien gestoppt. Wie schon in Litauen haben sich Einheimische erfolgreich gegen die Gasbohrungen gewehrt.