taz.de -- Einwanderung nach Deutschland: Höchster Zuwachs seit 20 Jahren

Mehr als sieben Millionen Zuwanderer leben momentan in Deutschland. Das sind rund 4,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Viele von ihnen kommen aus Süd- und Osteuropa.
Bild: Rund 80 Prozent der Zuwanderer stammen aus anderen EU-Staaten.

WIESBADEN dpa | Die EU-Osterweiterung und die Finanzkrise in Südeuropa haben die Zahl der Ausländer in Deutschland 2012 so stark steigen lassen wie seit rund 20 Jahren nicht mehr. Mehr als 7,2 Millionen Menschen ohne deutschen Pass wohnten laut Ausländerzentralregister (AZR) Ende 2012 in der Bundesrepublik. Das waren 282 800 Menschen oder 4,1 Prozent mehr als vor Jahresfrist, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag mitteilte.

Rund 80,52 Millionen Menschen lebten insgesamt Ende 2012 in Deutschland. Damit hatte mehr als jeder Zwölfte keinen deutschen Pass.

Von allen Ausländern in Deutschland waren Türken mit 1,6 Millionen die größte Gruppe. Ihre Zahl ging im Jahresvergleich jedoch erneut zurück, um zwei Prozent – vor allem wegen Einbürgerungen. Die zweitgrößte Gruppe ausländischer Staatsbürger waren Polen (rund 532 000), gefolgt von Italienern, Griechen und Kroaten.

80 Prozent der neu ins Register aufgenommenen Ausländer stammten aus den EU-Mitgliedstaaten. Die Zahl der Ausländer aus den Staaten, die 2004 beigetreten waren, legte mit 15,5 Prozent besonders stark zu. Vor allem Polen, Ungarn, Rumänen, Bulgaren, Griechen und Spanier ließen sich in Deutschland nieder.

Die anderen Menschen – jeder Fünfte – kamen vor allem aus Syrien, China, Indien und der Russischen Föderation. Die ausländische Bevölkerung aus den Nicht-EU-Staaten legte im Jahresvergleich aber insgesamt nur um 1,3 Prozent zu.

Die meisten Ausländer verlegten 2012 ihren Wohnsitz nach Bayern (plus 65 900), gefolgt von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Den größten prozentualen Anstieg verzeichnete jedoch Thüringen mit 11,5 Prozent (plus 4300).

Die Gesamtzahl von 7,2 Millionen Ausländern könnte allerdings noch korrigiert werden, da der Zensus von anderen, niedrigeren Daten ausgeht. Die Behörden analysieren diese Abweichungen noch. Die meisten Ausländer in Deutschland gab es dem AZR zufolge 1997 mit fast 7,4 Millionen Menschen. Bei einer Revision 2004 war die Zahl dann allerdings nach Behördenangaben um rund 500 000 nach unten korrigiert worden.

Die Vorsitzende des Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR), Christine Langenfeld, nannte den leichten Anstieg der Einbürgerungszahlen „erfreulich“. „Allerdings wird das Potenzial bei weitem noch nicht ausgeschöpft.“ Langenfeld forderte, stärker für die Einbürgerung zu werben. „Vorbildlich ist die Initiative Hamburgs, in einem Brief des Bürgermeisters alle seit acht Jahren in Deutschland lebenden Ausländer auf die Möglichkeit einer Einbürgerung hinzuweisen.“

22 Oct 2013

TAGS

Statistisches Bundesamt
Einwanderung
Deutschland
Migration
Rumänien
Hans-Peter Friedrich
Integrationsgipfel
Medien
Migration
Migration

ARTIKEL ZUM THEMA

Einwanderungsland Deutschland: Die meisten kommen aus Europa

Sie kamen als Arbeiter, Flüchtlinge oder Spätaussiedler und nannten Deutschland ihr neues Zuhause. Mittlerweile sind aus den jungen Migranten Eltern und Großeltern geworden.

Ungarische Minderheit in Rumänien: Großdemonstrationen für Autonomie

Die in Rumänien lebenden Ungarn fordern ein Recht auf Autonomie. Dafür gingen am Sonntag Zehntausende auf die Straße – in Rumänien und in Ungarn.

Klage über „Armutseinwanderung“: Friedrich will abschieben

Der Bundesinnenminister heizt die Stimmung gegen Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien an. Auch einer gerechten Verteilung von Flüchtlingen steht er im Weg.

Merkel und Integrationsgipfel: Willkommen im Kanzleramt

Beim Integrationsgipfel wirbt Angela Merkel für Zuwanderung. Unternehmer mit Migrationshintergrund sollen gleiche Chancen haben.

Journalistin über Migranten in Medien: „Vielfalt sollte Chefsache sein“

Dass es in den Medien wenig Migranten gibt hat auch schichtspezifische Gründe, sagt die Journalistin Sheila Mysorekar. Privatsender sind den Printmedien da voraus.

Kommentar Einwanderung: Verhängnisvoller Talenteschwund

Die Einwanderung nach Deutschland wächst. Das ist gut. Spanien, Griechenland, Portugal und Italien aber verlieren das Wertvollste, was sie haben.

Zunehmende Migration: Einwanderungsziel Deutschland

Zum dritten Mal in Folge steigt die Zahl der Zuwanderer deutlich an. Das ist nicht zuletzt ein Ergebnis der Wirtschaftskrise in den Nachbarstaaten.