taz.de -- Reformen in China offiziell beschlossen: Das Ende der Umerziehungslager

Jetzt ist es amtlich: China schafft die Umerziehungslager ab. Die ersten Insassen sollen schon am Samstag frei kommen. Auch die Ein-Kind-Politik wird gelockert.
Bild: Junge Insassens eines chinesischen Umerziehungslagers für Minderjährige.

PEKING ap | China schafft offiziell seine scharf kritisierten Umerziehungslager ab. Der Ständige Ausschuss des Volkskongresses billigte am Samstag eine entsprechende Resolution, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua und der Staatssender CCTV meldeten. Damit zurrte das ranghohe Gremium eine Entscheidung fest, die die regierende Kommunistische Partei schon im November gefällt hatte.

Den Kurswechsel im Strafsystem hatte die Führung in Peking bereits im Januar signalisiert. Seit März hätten dann viele der Arbeitslager keine Personen mehr aufgenommen, sagte der Abgeordnete Lei Jianbin im Gespräch mit CCTV.

Laut den Staatsmedien sollen alle Insassen der Umerziehungslager ab Samstag freigelassen werden. Doch Strafen, die vor der Abschaffung verhängt wurden, würden weiter als rechtmäßig angesehen. Damit soll aus Sicht von Beobachtern verhindert werden, dass Opfer vom Staat Entschädigungen einklagen können.

Bisher konnten Personen in den Umerziehungslagern vier Jahre lang ohne Prozess festgehalten werden. Einst als Instrument gegen Kritiker der Kommunistischen Partei eingerichtet, wurde diese Art von Strafvollzug zeitweise in erster Linie gegen Kleinkriminelle eingesetzt. In den vergangenen Jahren nutzten örtliche Funktionäre die Lager jedoch, um sich Personen zu entledigen, die in Konflikten um Land oder Korruption ihre Autorität herausforderten.

„Es ist zu einem Werkzeug der Rache und Vergeltung geworden“ , sagte Wang Gongyi, Ex-Direktor eines dem Justizministerium untergeordneten Forschungsinstituts, über die Lager.

Ein-Kind-Politik gelockert

Außerdem beschloss der Ständige Ausschuss des Volkskongresses am Samstag, die seit Jahrzehnten bestehende Ein-Kind-Politik zu lockern. Demnach dürfen Paare, bei denen ein Partner Einzelkind ist, zwei Kinder bekommen.

Bisher durften bereits Paare, die beide Einzelkinder sind, zwei Kinder haben. Für Familien auf dem Land gab es ebenfalls eine Ausnahme, wenn ihr erstgeborenes ein Mädchen ist. Die nun beschlossene Reform ist die erste umfassende Lockerung der strengen Familiengesetze seit drei Jahrzehnten.

28 Dec 2013

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