taz.de -- Europa geht gegen Geldwäsche vor: Ein boomendes Geschäft
Gegen Milliarden aus Drogen-, Waffen- und Menschenhandel: Das EU-Parlament stimmt für Register, die dubiose Finanzströme eindämmen sollen.
BRÜSSEL taz | Die Mafia tut es, Drogendealer tun es, einige Finanzprofis tun es auch: Zwielichtige Briefkastenfirmen und dubiose Stiftungen haben aus der Geldwäsche weltweit ein boomendes Geschäft gemacht. Dem will die EU nun einen Riegel vorschieben. Das Europaparlament in Straßburg stimmte am Dienstag in erster Lesung für die neue Geldwäscherichtlinie, die die Finanzgeschäfte eindämmen soll.
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen werden pro Jahr illegale Gelder im Wert von 2,7 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung reingewaschen. Allein 2009 waren das 1.163 Milliarden Euro. In Deutschland wird der Schaden auf jährlich bis zu 57 Milliarden Euro geschätzt. Meist stammt das Geld aus Drogen-, Waffen- und Menschenhandel.
Auf Initiative des Europaparlaments soll nun jeder Mitgliedstaat ein zentrales Register einführen, um die dubiosen Finanzströme transparenter zu machen. Die Register sollen Informationen von Unternehmen aller Rechtsformen, Stiftungen sowie Treuhandverhältnisse öffentlich machen. Damit die Behörden Geldwäsche über Landesgrenzen hinaus bekämpfen können, sollen die Register EU-weit vernetzt werden.
„Wenn wir Geldwäschern an den Kragen wollen, dann müssen wir sie aus der schützenden Anonymität verschachtelter und undurchsichtiger Unternehmenskonstruktionen oder Briefkastenfirmen holen“, sagte der sozialdemokratische Verhandlungsführer Peter Simon. „Das Beispiel Zypern hat gezeigt, dass die Mitgliedstaaten bei der Geldwäschebekämpfung nicht genau genug hinschauen“, kritisierte der Grüne Sven Giegold.
Doch auch das soll sich ändern. Dafür soll eine Novelle der Geldtransfer-Verordnung sorgen, die die grenzübergreifende Rückverfolgbarkeit von Auftraggebern und Geldempfängern verbessern soll. Die Vorschriften, die bisher nur „politisch exponierte Personen“ aus Drittstaaten und von internationalen Organisationen betrafen, würden ausgeweitet auf „inländische“ politisch exponierte Personen.
Damit können künftig auch Staats- und Regierungschefs, Regierungsmitglieder, Richter und Staatsanwälte aus EU-Ländern besser kontrolliert werden. Geschont werden hingegen Manager und Promis aus Wirtschaft, Verwaltung, Kirche und Profisport. „Das muss noch mal auf den Prüfstand“, so SPD-Experte Simon.
Klärungsbedarf gibt es auch bei Casinos und Glücksspielen. Denn dort können die EU-Staaten Ausnahmen zulassen. So soll das deutsche Lotto von der Richtlinie ausgenommen werden.
11 Mar 2014
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die, die „den Weg des Übels gewählt“ hätten, seien nicht Teil der Kirche: Erstaunlich scharf verurteilt Papst Franziskus Mafia-Mitglieder und besucht ein Gefängnis.
Die Eurokrise hat Zypern erwischt, aber nicht verändert. Die Zyprioten verramschen weiter ihre Insel: Erst an Briten und Russen, jetzt an reiche Asiaten.
Geldwäsche wurde als Mitursache der europäischen Finanzkrise genannt – das war praktisch. Bekämpfen wollen sie alle, heißt es. Wie, ist umstritten.
Die Staatsanwaltschaft darf jetzt gegen den Rüstungsindustriellen und Senator Serge Dessault ermitteln. Er soll Wahlstimmen gekauft haben.
Ross Ulbricht gründete 2010 den größten Internethandel für Drogen, „Silk Road“. Nun ist er wegen Vergehen angeklagt, die an die Mafia erinnern.
Spanien versinkt in einem Meer aus Korruption. Und es gibt niemanden, der die moralische Integrität besitzt, das zu ändern.
Beteiligung an Geldwäsche und Steuerhinterziehung wird der Tochter des spanischen Königs vorgeworfen. Nun muss sie deswegen vor Gericht.
Bundesweit wird mit einer Razzia gegen die kalabrische Mafia ermittelt. Es geht unter anderem um Beteiligungen an Windparks. Auch die HSH Nordbank wurde durchsucht.
Über 3.000 Verbrecher-Organisationen sind in der EU aktiv, rund 880.000 Menschen müssen wie Sklaven arbeiten. Dies geht aus einem Bericht des EU-Parlaments hervor.
Erstmals legt die skandalumwitterte Vatikanbank einen Jahresbericht vor. Offenbar hat sie vorher unter ihren halbseidenen Kunden tüchtig ausgemistet.