taz.de -- Kämpfe um die Ostukraine: Separatisten erobern Stützpunkte
Nahe der Stadt Lugansk gehen die Kämpfe erbittert weiter. Der Übergangspräsident erwägt den Ausnahmezustand. Merkel fordert derweil von Russland mehr Einsatz.
KIEW ap/afp/dpa | Prorussische Aufständische haben bei den Kämpfen um Lugansk am Mittwoch zwei Stützpunkte der Regierungstruppen in der Nähe der ostukrainischen Stadt erobert. Dabei verloren ukrainischen Angaben zufolge sechs Aufständische ihr Leben. Drei Soldaten seien verletzt worden. Die Separatisten beschlagnahmten nach fast zweitägiger Belagerung an einem Grenzposten Munition und Sprengstoff. Der andere Stützpunkt fiel ihnen in die Hände, weil der Nationalgarde die Munition ausgegangen war und sie den Posten daraufhin aufgegeben hatte.
Die Kämpfe in der Ostukraine sind nach der Präsidentschaftswahl am 25. Mai eskaliert, die der Milliardär Petro Poroschenko gewann. Reporter beobachteten, wie prorussische Milizen Munitionskisten und Sprengstoff aus der einen Basis trugen und mit Autos der Grenzposten wegfuhren.
Die ukrainischen Truppen hatten am Dienstag eine Offensive gegen die Aufständischen in der Stadt Slawjansk eröffnet. Bei den den ganzen Tag andauernden Gefechten seien zwei Regierungssoldaten getötet und 42 verletzt worden, berichteten ukrainische Medien. Die Zahl der getöteten Rebellen betrage 300. Diese Berichte wurden von den Aufständischen aber nicht bestätigt.
Der amtierende Übergangspräsident Alexander Turtschinow, der das Präsidentenamt am Samstag Poroschenko übergeben will, bat den Sicherheits- und Verteidigungsrat des Landes, in Betracht zu ziehen, für Teile der Ostukraine den Ausnahmezustand zu verhängen. Dies könne die Situation stabilisieren. Mitglieder des Rats sind unter anderem der Ministerpräsident sowie der Verteidigungs- und Innenminister. Der stellvertretende Ministerpräsident Witali Jarema sagte, der Rat werde erst nach der Vereidigung Poroschenkos über die Verhängung des Ausnahmezustands diskutieren. Turtschinow wollte den Osten des Landes am Mittwoch besuchen.
„Allenfalls ein gemischtes Bild“
Die Grenztruppen unterstehen direkt dem ukrainischen Präsidenten, während die Nationalgarde Teil der Polizei ist. Die ukrainische Regierung hatte für die militärische Erfolglosigkeit die Regierung des ehemaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch verantwortlich gemacht. Er habe die Armee ohne Geld und schlecht ausgebildet zurückgelassen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat unterdessen von Russland stärkere Anstrengungen zur Stabilisierung der angespannten Lage in der Ukraine gefordert. „Was wir aktuell sehen, ist allenfalls ein gemischtes Bild“, sagte sie am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Bundestag vor Beginn des Gipfels der führenden westlichen Industriestaaten (G7) in Brüssel. Zwar gebe es von Moskau ermutigende Zeichen, etwa die Präsidentenwahl in der Ukraine zu respektieren. Präsident Wladimir Putin müsse aber endlich seinen Einfluss in der Ostukraine geltend machen, um Gewalt und Einschüchterung durch prorussische Separatisten Einhalt zu gebieten.
„Indem Russland seine Grenzen nicht oder nicht ausreichend kontrolliert und in großem Umfang Kämpfer und Munition in den Südosten der Ukraine gelangen können, trägt dies weiter zur Destabilisierung des Nachbarn bei“, kritisierte sie in einer Regierungserklärung. „Wenn dies nicht aufhört, dann werden wir uns nicht scheuen, weitere Sanktionen zu verhängen.“
US-Präsident Barack Obama hat Kiew dauerhafte Unterstützung garantiert. „Die USA stehen hinter dem ukrainischen Volk – nicht nur in den kommenden Tagen oder Wochen, sondern in den kommenden Jahren“, sagte Obama nach einem Treffen mit dem neugewählten ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko in Warschau.
4 Jun 2014
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Der neue Präsident Petro Poroschenko hat sich in seiner Antrittsrede klar zur West-Orientierung bekannt. Die Krim ist für ihn weiterhin ukrainisch. Einen Krieg will er nicht.
So sieht sie aus, die neue Pressefreiheit: Kritische Journalisten auf der Krim werden unter Druck gesetzt und festgenommen.
Die G 7 haben Benimmregeln aufgestellt, um Russland zum Wohlverhalten gegenüber der Ukraine zu zwingen. Der Regierung in Kiew täten sie auch gut.
Die G7-Staaten sind sich einig, dass Russland in der Ukraine-Krise eine Bringschuld habe. Verweigere sich Moskau, würden die Sanktionen verstärkt werden.
US-Präsident Barack Obama unterstreicht bei seinem Besuch in Warschau die militärischen Garantien für Polen. Auch der Ukraine verspricht er Hilfe.
Die G8 haben Russland ausgeladen und treffen sich als G7, um über Russland zu reden. Danach wollen alle gemeinsam die Alliierten-Landung in der Normandie feiern.
Obama kündigt an, eine Milliarde Dollar für Osteuropa im Militäretat lockerzumachen. Eine symbolische Geste, falsch und nutzlos.
Barack Obama will die Truppen in Ostmitteleuropa aufstocken und insgesamt eine Milliarde Dollar investieren. Die Nachricht kommt in Warschau gut an.
Die ukrainische Regierung versucht, gegen die Separatisten in Slawjansk vorzugehen. Ein Soldat soll getötet worden sein. Immer mehr Einwohner flüchten.