taz.de -- IS weitet Macht in Ostsyrien aus: Dschihadisten erobern Militärflugplatz
Ein herber Verlust für das Assad-Regime: Der Flughafen Al-Tabka fiel in die Hände der IS. Hunderte starben bei den Gefechten. Derweil kam in Syrien eine US-Geisel frei.
BAGDAD/DAMASKUS/ROCHESTER dpa/afp | Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat offenbar ihre Macht im Osten Syriens ausgeweitet. Nach heftigen Gefechten mit Hunderten Toten vertrieben die Extremisten die Regierungstruppen vom strategisch wichtigen Militärflughafen Al-Tabka. Dieser war die letzte Bastion des Regimes von Präsident Baschar al-Assad in der Provinz Al-Rakka, wie die oppositionelle Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Trotz inzwischen fast 100 US-Luftangriffen auf IS-Stellungen gingen die Dschihadisten auch im benachbarten Irak in die Offensive. Die Armee des Landes konnte einen Angriff auf die wichtige Erdölraffinerie Baidschi nördlich von Bagdad aber nach eigenen Angaben abwehren.
Nach Angaben der Menschenrechtsbeobachter starben bei den Gefechten um den Flughafen in Syrien mindestens 500 Menschen, darunter mindestens 346 Extremisten. Hunderte weitere seien verletzt worden. Zudem seien mehr als 170 Soldaten der syrischen Armee getötet worden. Die Terrorgruppe habe zudem mindestens 150 Soldaten in der Nähe des Flughafen eingekesselt, sie seien wahrscheinlich in Gefangenschaft geraten.
Sollte die IS-Miliz den Militärflughafen unter ihrer Kontrolle behalten, könnte sie die Region unbehelligt beherrschen - ein herber Rückschlag für die Regierung in Damaskus. Die Extremisten dominieren ohnehin im Osten und Norden Syriens bereits ein Drittel des Landes, und ebenso große Teile im Norden und Westen des Iraks.
Seit Wochen versuchen die Dschihadisten, deren Stärke Beobachter inzwischen auf mehrere zehntausend Kämpfer schätzen, zudem die Raffinerie Baidschi im Irak einzunehmen. Bei heftigen Kämpfen um die Anlage seien 30 Extremisten umgekommen, berichteten Sicherheitskräfte am Sonntag. Die Extremisten griffen die Anlage der Nachrichtenseite Al-Mada zufolge aus allen Richtungen an. Sieben Selbstmordattentäter hätten sich dabei in die Luft gesprengt. Die irakische Armee erhielt demnach Unterstützung von Kampfflugzeugen.
Ein 27-jähriger Deutscher kam hingegen laut Welt am Sonntag nach rund einem Jahr aus der Geiselhaft der IS-Terrormiliz in Syrien frei. Der Mann aus Brandenburg soll im Juni für eine „substanzielle Gegenleistung“ freigelassen worden sein, wie das Blatt unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtete. Das Auswärtige Amt wollte dies weder bestätigen noch dementieren. Der Mann war laut WamS naiv in das Bürgerkriegsland gereist, um als humanitärer Helfer aktiv zu werden.
In den Händen der al-Nusra-Front
Nach der brutalen Tötung des US-Journalisten James Foley ist die Verschleppung eines weiteren US-Bürgers in Syrien glücklich ausgegangen. Nach Angaben aus Washington kam der vor zwei Jahren entführte 45-jährige Autor und Journalist Peter Theo Curtis am Sonntag frei. Seine Entführung war bislang geheimgehalten worden.
„Endlich kehrt er nach Hause zurück“, erklärte US-Außenminister John Kerry zu Curtis' Freilassung. Nach Angaben seiner Familie wurde er im Oktober 2012 verschleppt, kurz bevor er die Grenze zu Syrien überqueren wollte. Seitdem befand er sich in den Händen des syrischen al-Qaida-Ablegers, der al-Nusra-Front, oder von verbündeten Gruppen. Kerry erklärte, Washington habe mehr als zwei Dutzend Staaten gebeten, sich für die Freilassung von Curtis und allen anderen US-Geiseln in Syrien einzusetzen. Dass er nun wieder frei sei, sei für alle eine große Erleichterung.
Nach Angaben der Vereinten Nationen wurde Curtis am Sonntag am späten Nachmittag den UN-Blauhelmen auf den Golanhöhen übergeben und nach Überprüfung seines Gesundheitszustands von einem Vertreter der US-Regierung in Empfang genommen. Die Nationale Sicherheitsberaterin der USA, Susan Rice, sagte, Curtis werde bald seine Familie wiedersehen.
Curtis' Mutter Nancy dankte in einer Erklärung der US-Regierung sowie Katar, das sich um die Freilassung bemüht haben. Nach Angaben seiner Familie arbeitete Curtis als Schriftsteller und freier Journalist. Curtis' Mutter schickte zudem Beileidsgrüße an die Angehörigen des getöteten US-Journalisten Foley.
Trauergottesdienst für James Foley
In Rochester im US-Bundesstaat New Hampshire würdigten unterdessen Foleys Verwandte und Freunde den US-Journalisten. Mehrere hundert Menschen besuchten den Gottesdienst in der katholischen Kirche Our Lady of the Rosary in Rochester, an dem auch der Bischof von Manchester, Peter Libasci, teilnahm. Er verlas eine Botschaft von Papst Franziskus. Von Foleys Familie eingeladen waren auch Syrer der muslimischen Gemeinde von New Hampshire. Foley war ebenfalls 2012 in Syrien verschleppt worden. Vor einigen Tagen hatten Dschihadisten ein Video verbreitet, das seine Hinrichtung zeigt.
Ihr Sohn habe für „Liebe und Hoffnung“ gestanden, sagte Foleys Mutter Diane im Haus der Familie vor dem Beginn des Gottesdienstes. Die Messe richte sich auch an alle Menschen, die in der Region litten und an alle anderen Geiseln. Foleys Vater John sagte, sie würden gemeinsam für alle Verschleppten beten. „Wir hoffen, dass etwas für sie getan werden kann“, sagte er, damit ihnen ein Ende wie das seines Sohnes erspart bleibe. Der New York Times zufolge sind vermutlich mindestens drei weitere US-Bürgerin den Händen der IS-Miliz – zwei Männer und eine Frau. IS und die al-Nusra-Front nutzen systematisch westliche Geiseln, um hohe Lösegeldzahlungen zu erpressen.
Ein 27-jähriger Deutscher kam laut Welt am Sonntag nach rund einem Jahr aus der Geiselhaft der IS-Terrormiliz in Syrien frei. Der Mann aus Brandenburg soll im Juni für eine „substanzielle Gegenleistung“ freigelassen worden sein, wie das Blatt unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtete. Das Auswärtige Amt wollte dies weder bestätigen noch dementieren. Der Mann war laut WamS naiv in das Bürgerkriegsland gereist, um als humanitärer Helfer aktiv zu werden.
25 Aug 2014
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