taz.de -- „Speerspitze“ gegen russische Aggression: Nato plant schnelle Eingreiftruppe

Der Ukraine-Konflikt und Russlands Vorgehen lassen die Nato über eine schnelle Eingreiftruppe nachdenken. Damit sollen Verbündete geschützt werden.
Bild: Will niemanden angreifen, nur die Verbündeten beschützen: Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen.

BRÜSSEL ap | Die Nato will angesichts des Ukraine-Konflikts ihre Mitglieder in Osteuropa mit einer schnellen Eingreiftruppe vor Aggressionen seitens Russlands schützen. Auf dem am Donnerstag beginnenden Nato-Gipfel in Wales solle die Bildung einer solchen, mehrere tausend Soldaten umfassenden Einheit beschlossen werden, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Montag in Brüssel. Zudem solle in Osteuropa Waffenmaterial gelagert werden.

Rasmussen betonte zugleich, die Nato wolle niemanden angreifen, sondern ihre Verbündeten schützen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow forderte vor einer neuen Verhandlungsrunde zum Ukraine-Konflikt einen Waffenstillstand. Ziel der Gespräche der sogenannten Kontaktgruppe am Montag in Minsk müsse eine sofortige, bedingungslose Waffenruhe zwischen der ukrainischen Armee und den prorussischen Rebellen sein, sagte Lawrow vor Studenten des staatlichen Moskauer Instituts für Internationale Beziehungen.

Zu der Kontaktgruppe, die sich zuletzt Ende Juli getroffen hatte, gehören Vertreter der Ukraine, Russlands und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). An den Gesprächen am Montag sollte auch der Separatistenführer Andrej Purgin teilnehmen.

Lawrow bekräftigte zudem, Russland werde nicht militärisch in der Ukraine eingreifen. Er widersprach damit Aussagen der ukrainischen Regierung, der Nato und westlicher Länder, wonach die Russen bereits Truppen, Artillerie und Panzer über die südöstliche Grenze in die Ukraine geschickt hätten, um die Separatisten zu stärken.

Der Sprecher des nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Andrej Lyssenko sagte unterdessen, ukrainische Truppen seien zum Rückzug vom Flughafen in der Rebellenhochburg Lugansk aufgefordert worden. Grund war den Angaben zufolge ein heftiger Angriff, für den Lyssenko „professionelle Artillerie-Schützen der russischen Streitkräfte“ verantwortlich machte. Er sagte, mindestens „vier Bataillone und taktische Gruppen“ des russischen Militärs seien in der Ukraine aktiv. Ein Bataillon besteht aus rund 400 Soldaten.

Sorgen im Osten der Ukraine

Im Osten der Ukraine wächst die Sorge, dass die Aufständischen versuchen, eine Landverbindung zwischen Russland und der Halbinsel Krim unter ihre Kontrolle zu bringen. In der Region am Asowschen Meer hatten Rebellen vor wenigen Tagen eine neue Front eröffnet.

Die Soldaten für die schnelle Eingreiftruppe könnten nach den Worten des Nato-Generalsekretärs von den 28 Nato-Mitgliedsstaaten auf Rotationsbasis gestellt werden. Die Truppe, die auch aus der Luft und von See her unterstützt werden soll, werde eine „Speerspitze“ bilden und innerhalb kürzester Zeit bei jeglichen Bedrohungen, einschließlich seitens Russland, einsetzbar sein, erklärte Rasmussen.

Der zweitägige Nato-Gipfel im walisischen Newport beginnt am Donnerstag. Seit Moskau im März die bis dahin zur Ukraine gehörende Schwarzmeerhalbinsel Krim annektiert hatte, fordern östliche Nato-Staaten wie Polen eine aktivere Rolle des Bündnisses. Andere Mitglieder warnen davor, eine größere Truppenverbände permanent in Osteuropa zu stationieren, weil dies eine Abmachung zwischen Russland und der Nato von 1997 verletze. Die jetzt geplante schnelle Eingreiftruppe könne ein Kompromiss sein, meinen Experten.

Den im April begonnenen Kämpfen zwischen Regierungstruppen und prorussischen Rebellen sind nach UN-Angaben bislang knapp 2600 Menschen zum Opfer gefallen.

1 Sep 2014

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