taz.de -- Neue Banksy-Graffiti in Gaza: „Sie gucken nur Katzenbilder an“

Der Graffiti-Aktivist Banksy hat mit neuen Kunstwerken die Lage der palästinensischen Bevölkerung kritisert. Er fordert die Menschen auf, Position zu beziehen.
Bild: Ihr habt es so gewollt: Katzenbilder aus Gaza.

MÜNCHEN taz | Während man in Hamburg noch Anfang der Woche die mutwillige Zerstörung des vermutlich einzigen Banksy-Graffiti in Deutschland beklagte, sorgte der weltbekannte britische Polit-Künstler bereits an einem anderen Ort der Welt für Aufsehen – in Gaza.

Gut acht Jahre nach seinem Projekt „Santa's Ghetto“, das er im Westjordanland entlang der bis zu acht Meter hohen Sperrmauern um die Stadt Bethlehem mit befreundeten Street-Art-Größen wie Mark Jenkins, Peter Kennard und Blu realisierte, ist Banksy erneut nach Palästina gereist.

Dort angekommen prangerte der mittlerweile auf dem Kunstmarkt für sechststellige Summen gehandelte Künstler mit neuen Bildern und einem Video öffentlich die seit der Bombardierung im Sommer 2014 herrschenden Verhältnisse der in Gaza lebenden Bevölkerung an. Diese muss immer noch ohne fließendes Wasser und Elektrizität auskommen.

„Gaza wird oft als das 'größte Freiluftgefängnis der Welt‘ bezeichnet, weil niemand hinein oder hinaus kann“, sagte Banksy. Dies sei jedoch nicht ganz fair gegenüber Gefängnissen – „dort wird den Leuten nicht fast jeden Tag willkürlich die Elektrizität und das Trinkwasser abgestellt.“

Eine der Arbeiten zeigt eine überdimensionale Katze, die mit einem aus Kriegsschutt geformten „Stahlknäuel“ spielt. Er habe die Zerstörung in Gaza mit Hilfe von Fotos auf seiner Webseite aufzeigen wollen, sagte Banksy. „Aber im Internet gucken die Leute sich nur Bilder von Katzen an.“

Sein Anliegen hat Banksy nicht nur in Bilder, sondern auch in einen Schriftzug gebannt. „Wenn wir uns vom Konflikt zwischen den Mächtigen und den Machtlosen lossagen, stellen wir uns auf die Seite der Mächtigen – wir bleiben nicht neutral“, steht in roten Lettern an der grauen Sperrmauer.

27 Feb 2015

AUTOREN

Sebastian Pohl

TAGS

Kunst
Aktivismus
Israel
Graffiti
Gaza
Banksy
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Street Art
Graffiti
Israel
Anti-Israel
Streetart
Blu
Musik
Ausstellung
Tradition
Street Art
Palästina
Gaza-Krieg

ARTIKEL ZUM THEMA

Streetart in Berlin: Dreist kommt durch

Das Kollektiv „Rocco und seine Brüder“ steht für spektakuläre Installationen im öffentlichen Raum. Ein Treffen mit dem Initiator.

Kunstprojekt „The Haus“ in Berlin: Warum liegt hier eigentlich Laub?

Die Street-Art-Ausstellung „Das Haus“ ist bunt, witzig, kreiert die eine oder andere Halluzination – und wirft seltsame Fragen auf.

Hamas stellt politisches Programm vor: Israel bleibt skeptisch

Die den Gazastreifen regierende Hamas sagt, sie würde zeitweise die Grenzen von 1967 akzeptieren. Aus Israel hieß es, die Hamas führe die Welt an der Nase herum.

Banksy-Hotel in Bethlehem: Besatzung als Touristenattraktion

Der britische Streetart-Künstler Banksy hat direkt neben der Mauer in Bethlehem ein Hotel eröffnet. Nicht alle dort sind davon begeistert.

Adbusting in Köln: Geben und Nehmen

Der Streetart-Aktivist Dies-Irae animiert die Kölner Kulturszene zur Rückeroberung des öffentlichen Raums. Und gibt ihr die Werkzeuge.

Protest gegen Kunstraub: Blu übermalt erneut Gemälde

Der Street Artist übermalt mit schwarzer Farbe seine Kunstwerke – diesmal in Bologna. Ein wichtiges Stück Stadtgeschichte geht damit verloren.

Melodien für Miezen: Katze in F-Dur

Welche Musik hören Katzen? Ein Unternehmen meint, es zu wissen. Testkatze Mäx hat sich die Kompositionen mal reingezogen.

Früh gestorbene Künstler in Baden-Baden: Der Tod sichert das Überleben

Warum wir Künstler lieben, die früh sterben. Die Ausstellung „Nach dem frühen Tod“ sensibilisiert für die Bedingungen der Künstlerrezeption.

Mysteriöser Tod eines Irish Setter: Mordverdacht nach Hundeshow

Setter Jagger macht einen zweiten Preis und fällt 26 Stunden später tot um. Die Engländer sind entsetzt. Und die Besitzer beschuldigen eifersüchtige Konkurrenten.

Street Art von Banksy: Voll die Scheibe

Ein Kunstwerk von Banksy wurde in Hamburg mit dem Wort „Grafitti“ beschmiert. Dabei war es durch eine Acrylglasscheibe geschützt.

Rapper und Clowns im Westjordanland: Nicht immer das Label „Widerstand“

In Nablus wehren sich junge Künstler dagegen, nur als Opfer oder politische Missionare gesehen zu werden. Sie wollen einfach kreativ sein.

Mögliche Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg: Amnesty fordert Untersuchung

Amnesty International wirft Israel vor, möglicherweise Kriegsverbrechen begangen zu haben. Kollektive Bestrafung der Einwohner müsse untersucht werden.

Simpsons-Couch-Gag von Banksy: Geliebt, geteilt, gelöscht

Ein von Streetart-Künstler Banksy gestaltetes Simpsons-Intro wird zum Renner auf YouTube. Doch von dort ließ die Produktionsfirma den Clip nun wieder entfernen.