taz.de -- Neue Musik aus Berlin: A Darker Summer

Auf „Girls Gang“ bewegen sich Dina Summer geschmeidig zwischen Dark-Wave, Synthie-Pop und Post-Punk. Ihr Spiel mit den 80ern klingt düsterer als sonst.
Bild: Drei für Dina Summer

„We listen to Bauhaus –and dance to Dead Can Dance“ sprechsingt Konstantina Paschalidou (sonst ist sie mit Maximilian Brudi das Duo Local Suicide) zum Auftakt. Natürlich auf der silberfarbenen Tanzfläche des „Linientreu“, möchte man hinzufügen. Das kurzweilige Album „Girls Gang“ wäre ein Faust-aufs-Auge-Mixtape für den längst geschlossenen Laden im Keller des Bikini-Hauses; heute gibt es dazu Revivalparties im Silverwings Club.

Für das Projekt Dina Summer haben sich Local Suicide mit Jakob Häglsperger alias Kalipo zusammengetan. Letzteren kennt man als eine Hälfte der Electro-Punk-Band Frittenbude. Doch er ist auch ein vielseitiger Produzent, der hier alle Register zieht. „Girls Gang“ ist bereits das zweite Album, das aus dieser Zusammenarbeit hervorging.

Und auch wenn dieser Aufguss dunkler und gruftiger daherkommt als der italopoppige Vorgänger „Rimini“, hat die Fusion aus Dark-Wave und Synthie-Pop mit gelegentlichen Post-Punk und EBM-Anleihen eine vergnügte, durchaus augenzwinkernde Anmutung – nicht zuletzt, weil die Endzeitstimmung jener Zeit aus heutiger Sicht wie ein Kindergeburtstag wirkt.

Der Track „Halkidiki“ erinnert dank hypnotischer Beats an Anne Clark, während im euphorisch-melancholischen „Schall & Rauch“ eine männliche Stimme für Abwechslung sorgt – was aber textlich in der zweiten Hälfte ins Pathostriefende kippt. Kurzum: Ein Album voll mit Achtziger-Anspielungen von „Fade to Gray“ bis Spliff. Zeitgenössische Produktionstechniken bringen derweil mit knackigen Beats etwas Gegenwart in den mäßig originellen, aber unterhaltsamen Zitatpop-Retro-Futurismus.

14 Feb 2025

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Stephanie Grimm

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