taz.de -- IWF-Prognose zu Deutschland: Schlusslicht Deutschland

Die Konjunkturprognosen sind nicht rosig. Dabei gäbe es Möglichkeiten: Höhere Steuern für die, die saftige Dividenden kassieren.
Bild: Die DAX-Konzerne zahlen hohe Dividenden, Potenzial für Steuern für mehr Zukunftsinvestitionen in Deutschland

Die Prognose des Internationalen Währungsfonds sieht für Deutschland nicht gut aus. So soll das Wachstum im laufenden Jahr nur noch 0,2 Prozent betragen. Deutschland würde damit unter den großen Industriestaaten das Schlusslicht bilden. Doch sollten nicht kurzfristige Konjunkturprognosen für schlechte Stimmung sorgen, sondern die langfristigen Probleme, die das Land hat. Dass die deutsche Konjunktur im internationalen Vergleich alles andere als rund läuft, ist hinlänglich bekannt.

Anfang Februar prognostizierte die Industriestaatenorganisation OECD ein ähnlich schwaches Wachstum. Und auch dass die Schuldenbremse Anteil an dieser miesen Situation hat, ist nichts Neues. Trotzdem ist es gut, wenn nun auch der Internationale Währungsfond (IWF) für eine [1][Reform der Schuldenbremse] plädiert. Je deutlicher die Reform gefordert wird, desto wahrscheinlicher ist, dass sie auch kommt.

Deutschland hat vor allem zwei Probleme: Es wird zu wenig investiert und [2][die soziale Ungleichheit ist zu groß]. Das erste Problem wird viel diskutiert. Der Investitionsstau und die Aufgaben, die im Rahmen der Transformation anstehen, sind enorm. Letztlich geht es bei der Diskussion „nur“ darum, ob der Staat breit Steuern senkt oder gezielt Industriepolitik betriebt und ob dafür die Schuldenbremse gelockert wird. Die Diskussion über die soziale Gerechtigkeit geriet darüber in den Hintergrund.

Dabei ist die Vermögensungleichheit in Deutschland im internationalen Vergleich weiterhin hoch. Und sie nahm zuletzt wieder zu, wie der jüngste Monatsbericht der Bundesbank zeigt. Letztlich schmälert das auch die Wirtschaftsleistung, denn der private Konsum geht zurück. Eine Lösung wäre natürlich die Umverteilung. [3][Höhere Löhne für die Beschäftigten] würden den Konsum ankurbeln, über höhere Steuern könnte die Erneuerung der Infrastruktur finanziert werden.

Die DAX-Konzerne wollen allein für das zurückliegende Jahr 53,8 Milliarden Euro an Dividenden ausschütten. Es gibt also durchaus Spielraum.

17 Apr 2024

LINKS

[1] /Oekonom-ueber-die-Schuldenbremse/!5982979
[2] /Lindners-Steuerplaene/!5987370
[3] /Inflation-und-Kaufkraft/!5993174

AUTOREN

Simon Poelchau

TAGS

Konjunktur
Wirtschaftsministerium
Schuldenbremse
Prognosen
Dax-Unternehmen
Volkswirtschaft
Robert Habeck
Finanzen
Wachstum
Schuldenbremse

ARTIKEL ZUM THEMA

Konjunkturflaute in Deutschland: Gehälter für Top-Manager auf Höchststand

Die Wirtschaft schwächelt, aber Vorstände deutscher börsennotierter Firmen verdienen so viel wie nie. Frauen erhalten im Schnitt mehr als Männer.

Wirtschaftsprognosen für Deutschland: Nur langsame Erholung erwartet

Erst leichter Rückgang, dann leichtes Wachstum – so blicken Wirtschaftsinstitute auf die nächsten Monate. Ein Grund: geopolitische Unsicherheit.

Wirtschaftswachstum in Deutschland: Rezession wieder vorbei

Mit der Wirtschaft geht es bergauf: Es wird gebaut und exportiert. Die Bevölkerung profitiert jedoch bislang kaum, der private Konsum sinkt weiter.

Steuerpläne des Finanzministers: Steuern runter macht Lindner munter

Finanzminister Lindner fordert Steuerentlastungen für Gering- und Spitzenverdiener. Woher das dafür nötige Geld kommen soll, bleibt unklar.

Deutschland schwächelt: Nur noch 0,2 Prozent Wachstum

Regierung senkt die Erwartungen für das Wirtschaftswachstum für dieses Jahr radikal, 2025 soll es kaum besser werden. Berlin ist alarmiert – und uneinig.

Beliebtheit der Schuldenbremse: Der Staat als Wasserbett

Staatsschulden haben in Deutschland zu Unrecht einen schlechten Ruf. Sparen kann für eine Volkswirtschaft gefährlich sein.