taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Die Vorzüge barocker Musik
Pianist Seong-Jin Cho nähert sich auf seinem Album „The Handel Project“ den Barockkompositionen Händels an. Sein Anschlag schwebt in Richtung Cembalo.
Eigentlich ist sein Name geläufig. Händel? War halt der mit dem „Hallelujah“. Dass der Zeitgenosse Bachs im Akkord Opern komponierte und damit große Erfolge feierte, ist schon weniger bekannt. Und wer kennt heute noch seine Musik für Tasteninstrumente? Da hat Händel gegenüber Bach (Goldberg-Variationen) eindeutig verloren.
Oder vielleicht auch nicht? Der in Berlin lebende südkoreanische Pianist Seong-Jin Cho jedenfalls ist noch keine 30 Jahre alt und hat jetzt, nach handelsüblicheren Einspielungen mit Klaviermusik von Debussy und Chopin, sein aktuelles Album dem großen Barockkomponisten gewidmet. „The Handel Project“ könnte als Titel etwas irreführen, denn mit dem beliebten Klassik-trifft-irgendwas-Ansatz, der mitunter neue Hörer und den einschlägigen Labels Kunden erschließen soll, hat das Programm von Cho nichts zu tun.
Bei ihm gibt es Händel, wie er in den Noten steht, auf einem modernen Klavier gespielt, mit so feinem Anschlag, als handle es sich um ein historisches Cembalo. Filigran gesponnen ist diese Mehrstimmigkeit, leicht, doch nicht leichtgewichtig.
Drei Suiten Händels hat Cho vollständig aufgenommen, aus zwei weiteren je einen Satz. Einer von ihnen diente Johannes Brahms später als Material für dessen ebenfalls enthaltene „Variationen und Fuge über ein Thema von Händel“. Cho stellt die Originale damit in einen historischen Zusammenhang vom Barock zur Romantik. Lange nicht mehr so frische alte Musik gehört.
6 May 2023
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