taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Raschelnder Ernst
Ernstalbrecht Stiebler und Tilman Kanitz schlagen auf ihren Alben puristische Töne an. Das klingt intim und weckt Aufmerksamkeit für feine Variationen.
Ein Murmeln und ein Rascheln, als säße man mit im Wohnzimmer der Musiker und sie hätten rasch noch ihre Plätze an Klavier und Cello eingerichtet: So beginnt die LP, die Ernstalbrecht Stiebler und Tilman Kanitz als eines von zwei Alben im Pankower Studio von Kanitz aufgenommen haben, in Wilhelmsruh auf dem ehemaligen Werksgelände von VEB Bergmann-Borsig, dem größten Hersteller von Kraftwerkskomponenten der DDR.
Stieblers Stücke, der Komponist und Musikjournalist gilt als einer der Exponenten Neuer Musik, haben hier wenig Maschinelles, Harsches an sich, sondern einen „Purismus, der keine Härte hat, sondern etwas Intimes“. Sagt der klassisch ausgebildete Musiker Kanitz.
Und dass man es sich in dieser Musik nicht leichtfertig heimelig machen sollte, legt ein Zitat aus einem Aufsatz Stieblers nahe, der zu „der Esoterik säuselnder Klangschalen“ auf Abstand geht. Das erste der beiden Alben enthält mit den Stücken „F“ und „Tiefe“ zwei kurze, zwischen die beiden gemeinsamen Improvisationen geschaltete Kompositionen für Solo-Instrumente. „Tiefe“ für Cello atmet Archaik und Folk, ohne ins Folkloristische abzugleiten.
Das zweite Album, „The Pankow-Park Sessions Vol. 1“ (ein „Vol. 2“ ist für nächstes Jahr angedacht), beginnt scheinbar beiläufig, dabei traumwandlerisch sicher. Die sechs Titel wechseln zwischen Nervosität, Ernst, Trauer und Zuversicht. In ihrem Minimalismus passiert sehr viel, und davon ist die dezente Perkussion des Cellobogens, mit der eines der Stücke ausklingt, längst nicht alles.
19 Apr 2023
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