taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Im Zeichen des Cello

Auf ihrem Solodebüt „Dreamscapes“ verbindet die Cellistin Dobrawa Czocher Traditionen der klassischen Musik mit neoklassischen, lebendigen Klängen.
Bild: Dobrawana Czochers facettenreiches Cellospiel durchquert allerlei Genres

Einen Namen hat sich die Cellistin und Komponistin Dobrawa Czocher bereits durch die beiden Alben gemacht, die sie mit ihrer Freundin Hania Rani, ihres Zeichens Pianistin und Sängerin aufgenommen hat: „Biała flaga“ (2015) und „Inner Symphones“ (2020). Nun erscheint mit „Dreamscapes“ das Solodebüt der halb in Warschau, halb in Berlin lebenden Musikerin, die bei der Neuen Philharmonie Berlin als erste Solocellistin ebenso mitspielt wie bei den Philharmonikern in Stettin.

Klassische Traditionen führt die 30-jährige Czocher mit einer zeitgenössischer Ästhetik zusammen: der Crossover-Appeal ihres Spiels reizt den warmen Klang des Instruments voll aus. Wie facettenreich so ein Cello klingen kann! Live, wie Czocher bei einem eindrucksvollen Konzert im silent green im vergangenen Sommer unter Beweis stellte, schichtet sie Melodien ganz souverän mit einem Loop-Pedal übereinander. So entsteht ein geradezu soghafter Klangteppich.

Beim Album kam produktionstechnische Unterstützung dagegen von dem popaffinen Hamburger Neoklassik-Pianisten Niklas Paschberg. Er half dabei, mit Effekten und Schichtungen die somnambule Anmutung zu erzeugen, die „Dreamscapes“ ausmacht.

Welche Möglichkeiten der Schlaf dem Mensch bietet, an inneren Konflikten zu arbeiten, fragte sich Czocher unter anderem bei der Arbeit an dem Album. Das Ergebnis sind Cellokompositionen, die mal lebendig quecksilbernd, dann wieder ganz friedlich und beruhigend daherkommen. Ihr Streben nach einem freieren Ausdruck hat Czocher in bemerkenswerte Musik verwandelt.

18 Feb 2023

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Stephanie Grimm

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