taz.de -- Separatorenfleisch in Geflügelwurst: „Ekelfleisch“ nicht deklariert?
Für Wurst deutscher Hersteller soll Separatorenfleisch verwendet worden sein. Die beschuldigten Firmen weisen die Vorwürfe zurück.
Berlin afp/taz | Hersteller von Geflügelwurst sollen einem Medienbericht zufolge [1][Seperatorenfleisch] – also zerkleinerte Schlachtreste – in Geflügelwurst verwendet haben, ohne dies wie vorgeschrieben zu kennzeichnen. Hierfür hätten Laboruntersuchungen „Indizien geliefert“, berichteten am Donnerstag NDR und [2][Spiegel]. Die beschuldigten Firmen des Schlachtkonzerns Tönnies sowie Wiesenhof dementierten.
Separatorenfleisch wird erzeugt, indem Maschinen Tierkörper oder grob zerkleinerte Knochen mit Fleischresten durch Lochscheiben hindurchpressen, berichten NDR und Spiegel. Knochensplitter und Knorpelteile bleiben hängen, alle weichen Teile wie etwa Muskulatur, Fett und Bindegewebe oder auch Rückenmark würden abgepresst. So lässt sich mehr vom Tier als Nahrungsmittel verwenden. Die breiartige Masse ist dem Bericht zufolge nicht gesundheitsgefährdend, wird aber oft als eklig empfunden. Auf jeden Fall ist Separatorenfleisch sehr billig.
NDR und Spiegel ließen 30 Geflügelwurst- und Geflügelfleischproben verschiedener Hersteller vom Bremerhavener Hochschulprofessor Stefan Wittke untersuchen. Dieser habe ein neues Verfahren entwickelt, um Separatorenfleisch in Wurstprodukten nachzuweisen, berichteten die Medien. Bislang sei dies kaum möglich gewesen.
Von den 20 Wurstproben wurden 9 Proben positiv getestet – darunter 4 Bio-Wurstwaren. Dagegen fand sich bei den untersuchten 10 Aufschnittproben, die etwa von Stückfleisch aus Filet, Kassler oder Braten stammten, kein Indiz für Separatorenfleisch.
„Verbrauchertäuschung im großen Stil“
Sprecher der in dem Bericht genannten Firmen teilten NDR und Spiegel mit, die Untersuchungsmethode sei nur ein neuer wissenschaftlicher Ansatz zum möglichen Nachweis, aber „keine solide Basis“. Regelmäßige eigene Tests auf Grundlage anerkannter Methoden würden das Gegenteil beweisen.
„Wenn Fleischkonzerne Separatorenfleisch verwursten, ohne auf den Produkten darauf hinzuweisen, ist das Verbrauchertäuschung im großen Stil“, sagte Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg.
Laut Matthias Wolfschmidt von der Organisation Foodwatch wäre es „Betrug an den Verbraucherinnen und Verbrauchern“, sollte sich der Verdacht bestätigen.
23 Jun 2022
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Eine Großschlachterei im Kreis Vechta schöpft riesige Mengen Grundwasser ab. Ein Gericht urteilt nun: Die Erlaubnis zur Entnahme war rechtswidrig.
In Niedersachsen ließ ein Landwirt seine 300 Schweine qualvoll verhungern. Er ist kein Einzelfall. Der Druck auf Bauern nimmt dramatisch zu.
Die Viehzucht verursacht über die Hälfte der Methanemissionen in der EU. Die Deutsche Umwelthilfe fordert daher, weniger Rinder und Schafe zu halten.
Die Bundesregierung will die Nutzung von Biokraftstoffen reduzieren, das ist längst überfällig. Viel entscheidender ist aber, dass weniger Fleisch gegessen wird.
Ein neues Gesetz soll die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie verbessern. Hält es, was es verspricht? Eine Recherche im sächsischen Torgau.