taz.de -- Zerstörte Infrastruktur in der Ukraine: Ohne Wasser und unter Beschuss
Im südukrainischen Mikolajiw wurde die Wasserversorgung durch eine Rakete lahmgelegt. Eine Sammelaktion in Odessa bringt schnell Hilfe.
Wasser ist Gold wert. Schon fast eine Woche gibt es in Odessas Nachbarstadt Mikolajiw kein Wasser mehr. Eine russische Rakete hat die Hauptleitung der zentralen Wasserversorgung getroffen. Die Menschen aus Odessa haben sofort eine Sammelaktion begonnen, um ihrer Nachbarstadt zu helfen. Auf eine der Hauptstraßen der Stadt brachten sie Wasserbehälter – innerhalb weniger Stunden waren es mehrere Tausend Kanister, Flaschen und Dosen. Alle brachten sie Wasser: von kleinen Kindern bis zu berühmten Künstlern.
Die Behörden von Mikolajiw hatten die Nachricht über die zerstörte Wasserversorgung zunächst nicht öffentlich gemacht und die großangelegte Wassersammlung hatte niemand angekündigt. Aber nachdem die Menschen in Odessa vom Unglück ihrer Nachbarn erfahren haben, beschlossen sie sofort, ihnen selbst zu helfen. An diesem Tag wurde ein Freiwilligenzentrum eingerichtet, koordiniert wird es von Natalja Bogatschenko. Sie erzählt von der Sammelaktion.
„Wir haben schon einen Lkw voller Wasser losgeschickt. Es fahren auch Busse. Die große Sammelaktion hat begonnen, kaum das die Informationen über das Problem öffentlich wurden. Alles, was sie hier sehen, haben wir an einem Tag gesammelt. Und das ist noch lange nicht das Ende. Ich denken, dass wir insgesamt sicher zwei, drei 18-Tonner voll bekommen“, sagt Bogatschenko.
Wenn das Wasser in Mikolajiw ankommt, stellen sich die Einwohner sofort in Schlangen an. [1][Ohne Wasser und unter Beschuss] – das ist eine schreckliche Situation für die Bewohner. Die russische Armee greift die Stadt und ihre Umgebung seit den ersten Kriegstagen an, es sind schon große Schäden entstanden. Aber die Stadt hält weiter durch. Und in Odessa versteht man, dass es in der Stadt auch dank der Standhaftigkeit ihrer Nachbarn noch vergleichsweise ruhig ist. Mikolajiw hält den Vormarsch der Besatzungsarmee auf.
Außer Wasserkanistern haben die Odessiten auch spezielle Wasserfahrzeuge geschickt, die eine Woche vor Ort bleiben. Sie liefern Wasser in verschiedene Gebiete und kommen dann zurück, um die Tanks zu füllen und dann erneut losfahren.
Die Menschen in Mikolajiw machen schon Witze, dass sogar im Dschungel während großer Dürreperioden Tiere sich gegenseitig bei der Wasserversorgung helfen.
Die Wasserversorgung von Mikolajiw wird wieder instand gesetzt, aber das ist [2][unter dem ständigen Beschuss äußerst schwierig]. Die Menschen in Odessa sind bereit, ihren Nachbarn auch weiterhin zu helfen. So viel und so lange, wie es nötig ist.
Aus dem Russischen [3][Gaby Coldewey]
Finanziert wird das Projekt von der [4][taz Panter Stiftung].
10 May 2022
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