taz.de -- Sport in Zeiten des Klimawandels: Im Sommer, wenn es schneit

Mit irren Technologien kämpft der Sport gegen die Hitze. In Tokio sollen es Schneekanonen richten, andernorts schlucken Sportlerinnen Mikrochips.
Bild: Cool down: Die japanische Beachvolleyballerin Miki Ishii braucht nach einem Spiel in Tokio Eis

Was wären Olympische Spiele nur ohne Kunstschnee? Um den Wintersport zu retten, wird der Klimawandel längst mit Schneekanonen bekämpft. Die absurde Folge dieses Kriegs um das Klima: je wärmer die Winter, desto schneesicherer werden die Skigebiete. Jetzt hat auch das Organisationskomitee der Spiele von Tokio 2020 den Einsatz von Schneekanonen vermeldet.

Tokio 2020? Moment, das sind doch Sommerspiele. Diesmal geht es nicht um Schnee für Skipisten, Loipen und Schanzen. Der Kunstschnee soll dafür sorgen, die immer extremeren Heißwetterphasen in Japan [1][für das Publikum erträglicher zu machen].

Am Freitag nächster Woche wenn auf dem Sea Forest Waterway, der Olympischen Regattastrecke, die Testwettbewerbe im Kanurennsport anstehen, soll auf den Teilen der Tribüne, die nicht im Schatten liegen, Kunstschnee rieseln. Es sollen kleine Schneeekanonen zum Einsatz kommen, die am Tag ein Tonne der weißen Kristalle produzieren können. Technisch ist das kein Problem. Längst gibt es Hersteller, die damit werben, dass ihre Geräte auch bei Temperaturen von über 30 Grad Schnee herstellen können. Jetzt wird also auch schon im Sommer der Klimawandel mit Schneekanonen bekämpft.

In Japan leiden immer mehr Menschen unter den Auswirkungen von extremer Hitze. Ein nationaler Aktionsplan zur Prävention gegen Hitzschlag wird gerade ausgearbeitet. Von Juli bis September 2018 wurden fast 100.000 Menschen mit Hitzschlagsymptomen in Krankenhäusern behandelt. So viele wie nie zuvor. Jetzt wird alles dafür getan, dass die Olympischen Spiele nicht allzusehr unter der Hitze leiden. Das betrifft nicht nur die die Zuschauer, sondern auch die Athleten.

Pille gegen die Hitze

Der olympische Marathon soll schon um 6 Uhr morgens gestartet werden, um die Sportlerinnen zu schützen. Ansonsten wird man viel improvisieren. Jüngst wurde ein Triathlon in Tokio abgekürzt, weil die Hitze als gesundheitsgefährdend eingeschätzt wurde. Um ein Haar hätte er ganz abgesagt werden müssen, weil die Wassertemperatur am erlaubten Grenzwert von 30,9 Grad gekratzt hat. Der Klimawandel hat den Weltsport längst erreicht.

Damit nicht reihenweise Sportlerinnen bei Wettkämpfen wegen Hitze kollabieren, werden derzeit die irrsten Methoden getestet. Die Athleten können zum Beispiel einen Chip schlucken, der Daten aus dem Körperinneren übermittelt, um Hitzschläge und hitzebedingte Dehydrierung zu verhindern. 48 Stunden vor dem Wettkampf soll der Chip geschluckt werden, ein paar Tage später wird er wieder ausgeschieden.

„The Games must go on“, ist zu einem Motto der Olympischen Spiele geworden, seit man es in München 1972 doch tatsächlich nicht geschafft hat, die Wettbewerbe einzustellen, nachdem elf israelische Sportler in Folge einer Geiselnahme durch palästinensische Terroristen ums Leben gekommen waren. Der Klimawandel soll den Sport schon gar nicht aufhalten. Deshalb wird es bald in Japan bei über 30 Grad schneien.

6 Sep 2019

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Andreas Rüttenauer

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