taz.de -- Kritik an neuer Verteidigungsministerin: Gift und Galle für AKK

Annegret Kramp-Karrenbauer will ihr neues Amt mit „voller Überzeugung“ führen. Bei der Opposition stößt die Personalie dennoch auf derbe Ablehnung.
Bild: Kramp-Karrenbauer ist erst die zweite Frau an der Spitze des Verteidigungsressorts

So schnell kann’s gehen. In einer zehnminütigen Zeremonie im Schloss Bellevue erhielt am späten Mittwochvormittag die bisherige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen [1][ihre Entlassungs- und Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer] die Ernennungsurkunde. „Das ist ein besonderer Tag“, sagte die CDU-Vorsitzende in einem kurzen Statement. Sie gehe an ihre neue Aufgabe „mit einem hohen Respekt“, „mit vollem Herzen“ und „voller Überzeugung“. Auch sei sie sich der „hohen Verantwortung“ bewusst, versicherte Kramp-Karrenbauer.

Ihre Nominierung hatte am Dienstagabend für eine große Überraschung gesorgt. Denn bislang hatte sie stets den Eindruck vermittelt, einen Eintritt ins Bundeskabinett abzulehnen.

Sie habe sich „bewusst entschieden, aus einem Staatsamt in ein Parteiamt zu wechseln“, sagte die frühere saarländische Ministerpräsidentin noch Anfang des Monats auf die entsprechende Frage einer großen Boulevardzeitung. Es gäbe in der CDU „viel zu tun“. Auch ist Kramp-Karrenbauer verteidigungspolitisch bislang kaum in Erscheinung getreten.

Bei der Opposition stößt die Personalie denn auch auf derbe Ablehnung. Ihre Berufung sei „eine Zumutung für die Truppe und für unsere Nato-Partner“, ereiferte sich FDP-Vizefraktionschef Alexander Graf Lambsdorff. Die 56-jährige Saarländerin sei für ihren neuen Posten „völlig ungeeignet“, empörte sich auch der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Tobias Pflüger: „Hier paaren sich Inkompetenz und Aufrüstungswillen, ein gefährliches Gemisch.“

Demgegenüber zeigte sich die AfD äußerst besorgt darüber, dass Kramp-Karrenbauer „jeglicher Bezug zum Militär“ fehle, wie der Bundestagsabgeordnete Rüdiger Lucassen beklagte. Der rheinland-pfälzische AfD-Landtagsfraktionsvorsitzende Uwe Junge, ein ehemaliger Berufssoldat, twitterte gar erregt: „Wann kommt endlich der Aufstand der Generäle?“

„Das hat die Bundeswehr nicht verdient“

Temperierter äußerten sich die Grünen. „Im Verteidigungsressort liegt vieles im Argen und es gibt eine Reihe von großen Baustellen“, sagte Bundestagsfraktionsvize Agnieszka Brugger. Kramp-Karrenbauer müsse „mehr darauf achten, die Soldaten und Soldatinnen wieder mitzunehmen“ – ein unverhohlener Seitenhieb auf Vorgängerin von der Leyen.

Auch in den Reihen des Koalitionspartners fielen die Reaktionen nicht gerade euphorisch aus. „Das hat die Bundeswehr nicht verdient“, [2][twitterte der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs]. Außerdem spöttelte er: „Ob jetzt der Flugzeugträger ‚Helmut Schmidt‘ kommt?“

Damit spielte der Sprecher des Seeheimer Kreises auf einen höchst kostspieligen und entsprechend umstrittenen Vorschlag an, den die CDU-Chefin im März Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron in der Welt unterbreitet hatte: Deutschland und Frankreich könnten doch „mit dem symbolischen Projekt des Baus eines gemeinsamen europäischen Flugzeugträgers beginnen, um der globalen Rolle der Europäischen Union als Sicherheits- und Friedensmacht Ausdruck zu verleihen“.

Erwartungsgemäß Unterstützung kommt hingegen aus der Union. Als „ein gutes Signal“ bezeichnete der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Henning Otte, Kramp-Karrenbauers Amtsübernahme. „Damit ist klar: Für die Union ist die Bundeswehr Chefsache.“ Der CSU-Chef Markus Söder sprach von einer starken Entscheidung. Als Parteivorsitzende sei sie mit „der Wucht ausgestattet, Dinge voranzubringen“.

Kramp-Karrenbauer ist erst die zweite Frau an der Spitze des Verteidigungsressorts. Wie Ursula von der Leyen und vier ihrer insgesamt sechzehn Vorgänger hat sie nicht „gedient“ – wobei sieben Verteidigungsminister ihre militärischen Erfahrungen allerdings nicht bei der Bundeswehr, sondern während der Nazizeit in der Wehrmacht sammelten.

17 Jul 2019

LINKS

[1] /Neue-Verteidigungsministerin/!5612244
[2] https://twitter.com/kahrs/status/1151227691120701440

AUTOREN

Pascal Beucker

TAGS

AKK
Verteidigungsministerium
Kanzlerkandidatur
Annegret Kramp-Karrenbauer
AKK
Diversität
Annegret Kramp-Karrenbauer
Annegret Kramp-Karrenbauer

ARTIKEL ZUM THEMA

JU für Kanzlerkandidaten-Urwahl: Dämpfer für Kramp-Karrenbauer

Die Junge Union hat sich auf ihrem Parteitag gegen AKKs Position für eine Urwahl des Kanzlerkandidaten ausgesprochen. Danach jubelten sie ihr zu.

Urlaubsauszeit für Oberbefehlshaberin: Kramp-Karrenbauer vereidigt

In einer Sondersitzung des Bundestags wurde Annegret Kramp-Karrenbauer als Verteidigungsministerin vereidigt. Die Militärausgaben sollen steigen.

AKK offiziell Verteidigungsministerin: Mehr Geld für die Bundeswehr

Annegret Kramp-Karrenbauer ist nun Bundesverteidigungsministerin. Die improvisierte Sitzung wird ein bisschen kontrovers.

Queerer Soldat über Kramp-Karrenbauer: „Nicht LGBT-freundlich aufgefallen“

Ursula von der Leyen verordnete der Bundeswehr mehr Diversität. Laut betroffenen Soldaten ist trotzdem noch viel zu tun. Ob AKK dafür die Richtige ist?

Neue Verteidigungsministerin: Alles klar, AKK?

Annegret Kramp-Karrenbauer wird überraschend Verteidigungsministerin. 11 Sätze, mit denen Sie bei diesem Thema auf der nächsten Party punkten können.

Neue Verteidigungsministerin: Eine mutige Entscheidung

Kramp-Karrenbauer löst von der Leyen im Verteidigungsministerium ab. Dass eine Frau auf eine Frau folgt, ist ein gutes Signal.